Nase: Ein zum dauerhaften Schnüffeln einladender Geruch, altes Leder wird mit Orangenöl behandelt, trockene Tabakkrümel auf einem rustikalen Eichentisch, würzige Holzaromen erzeugen ein wärmendes Nasengefühl, getoastetes Roggenbrot mit ein paar angebrannten Stellen, nur sehr wenig Karamell und Vanille, stattdessen gibt es eine ordentliche Ladung gebrannte Kakaobohnen, Pekannüsse, neben der angenehmen ätherischen Orangennote lassen sich noch weitere Früchte entdecken, Schattenmorellen sowie ein paar Brombeeren und Himbeeren, eine Andeutung an Holunderbeerensirup und Schlehenlikör, dunkel geröstete Maiskörner, dunkle Schokolade mit einer dünnen Schicht Marzipan, ''Jaffa Cake'', auch Kirschen spielen mit der Zartbitterschokoladennote und erzeugen eine Assoziation an ''Mon Chéri'', der zunehmende Luftkontakt lässt die Schokoladenseite immer größer werden
Gaumen: Dunkle Schokolade mit Orangencremefüllung, aromatische Eichenwürze macht sich breit, dunkles Leder und Tabak, Orangenöl, minimal säuerliche Beerenfrüchte lassen es angenehm prickeln, als wäre ein Schluck Himbeerbrause zusammen mit dem Whiskey in den Mund gelangt, Brombeeren, Schokoladenblechkuchen mit reifen Sauerkirschen, Schlehen, Holunderbeerengelee, in der zweiten Reihe dominiert eine etwas brotige Roggenwürze gegenüber der dezenten röstigen Popcorn-Zuckermaismischung, das Mundgefühl ist sehr angenehm und weich, ohne dünn zu wirken
Abgang: Zu Beginn erscheint der Abgang eher kurz und unscheinbar mit einer angenehm würzigen und leicht toastigen Eichennote sowie dezentem Roggen, ganz wenig Vanille, ein Anklang an karamellisierte Pekannüsse, geröstete Mandeln und Kakaonibs, fast keine Fruchtaromen mehr, kaum ist das Ende zu erahnen, erhebt sich aus dem Rachen eine enorme Ladung Kakao mit einem Hauch Kokos, diese legt sich im gesamten Mundraum nieder und hält sich wirklich sehr lange, mitsamt des mild-getreidigen Restaromas hat es was von einem sehr gering gesüßten Schokoladenmilchreis
Bewertung: Ein sehr feiner und eigenständiger Bourbon, dem vom Anteil an stark geröstetem Roggenmalz ein kräftiger Stempel aufgedrückt wurde. Die schokoladigen Aromen harmonieren meines Erachtens sehr gut mit dem fruchtigen Brand und der aromatischen Eiche, auch wenn im Mund nicht ganz die Fülle und Tiefe des Geruchs erreicht wird. Insbesondere den unglaublich intensiven und lange erhalten bleibenden Nachgeschmack von Kakao finde ich großartig.
“I definitely was attracted to similar things in punk and science. They both depend on a healthy dose of skepticism.” Greg Graffin
Wir haben hier das 15. Release der Woodford Reserve Master's Collection, die sich durch zwei Aspekte von Woodfords Standard-Linie abhebt: Erstens werden die Whiskeys der Master's Collection komplett in der Woodford Reserve Distillery gebrannt, zweitens haben wir hier jährlich völlig neue, meist sehr experimentierfreudige Whiskeys:
Chocolate Malted Rye, erschienen 2019, und entgegem dem was der Name suggeriert ein Bourbon; allerdings einer, dessen Roggengehalt "schokoladengemälzt" wurde. Durch diese spezielle Mälzung sollen dem Whiskey gewisse an Schokolade erinnernde Noten hinzugefügt werden.
Nase: tief und getragen mit Eiche und leicht ins muffig gehende. Mais, etwas Vanille, Stachelbeeren bzw grüne Frucht, Plätzchenteig... Backaromen, grüner Tee Mund: etwas Eiche, grüner Tee, Lorbeer, Plätzchenteig, Backnoten (= ...angelaufene Backschokolade), grün-würzig…Kräuter, Mokka…herbe Kakaonoten Abgang: bleibt recht lange angenehm auf dem Gaumen
Sehr interessant! Kai hat blind verkostet und deutliche Ähnlichkeit zum Balcones Rye - der zu einem gewissen Teil ebenfalls aus schokoladengemälztem Roggen besteht - sowie zum FEW Cold Cut festgestellt. Beide fallen durch herbe Mokkanoten auf, die in Richtung dunkler Kakao übergehen.
Die "Schokoladenmälzung" des Roggen wird dem Namen also tatsächlich gerecht. Die Schokoladennoten sind aber nicht allzu dominant, lassen Raum für Komplexität (u.a. deutliche "grüne" Roggennoten). Trotz der eigenwilligen Art durchaus auch insgesamt gefällig. Also: Gefällig, komplex, speziell... schön! So soll es sein bei einer so "besonderen" Abfüllung!
Beim Preis von ca. 120€ kein Schnäppchen. Aber auch keine Enttäuschung. Wer was Spezielles mit Mokkanoten mag, dem kann der Balcones Rye als günstigere Alternative empfohlen werden. Wer's darüber hinaus noch ein Stückchen komplexer als das mag, Woodford Fan ist und/oder sowieso mit der Master's Collection liebäugelt, dem sei auch der Chocolate Malted Rye durchaus empfohlen.
Mehr zum Whiskey gibt es in unserem überaus unterhaltsamen Verkostungsvideo... wie gesagt: Nur Rolf wusste was hier in den Gläsern war, Kai hat blind verkostet... und wurde ganz langsam geschmort. ;D