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Der Weg des Whiskys in die Flasche

 

Whisky gibt es in einer großen Bandbreite, vom einfachen Blend, großen Marken, Malt Whisky als Standard, bis hin zur Einzelfassabfüllung und Miniaturen. Wie der Whisky den Weg in die Flasche findet, ist eher weniger bekannt.

Wer sich schon etwas länger mit dem Lebenswasser beschäftigt, wird bemerkt haben, dass auch die Formen der Flaschen immer individueller werden. Vor gut 15 Jahren gab es nur eine Hand voll Flaschen, in denen der Whisky zu uns nach Hause kam. Heute hat fast jede Marke ihre eigene Flaschenform - eine besondere Verpackung. Die Standard-Bottle stirbt langsam aus. Eine der ersten Markenflaschen war die berühmte, mit den drei Grübchen von Haig (the dimpled bottle) aus der 1890iger Jahren.

 

 

Um die Strukturen und Abläufe des Abfüllprozesses besser zu verstehen, sollte man sich bewusst machen, dass von 1000 Flaschen Scotch rund 900 Blended Scotch in der gesamten Bandbreite sind, etwa 99 Flaschen Standard Single Malts sind und nicht mal eine aus einem einzelnen Fass stammt.

 

Beginnen wir aber mit der Reise dort, wo aus dem Spirit Whisky wird: im Lagerhaus. Die Lagerhäuser stehen über ganz Schottland verteilt. Schwerpunkte bilden dabei die Speyside und die Lowlands. Die Abfüllanlagen befinden sich jedoch überwiegend in den Lowlands, rund um Glasgow und Edinburgh. Je nach dem, ob ein Whisky für einen Blended Scotch oder einen Single Malt vorgesehen ist, reifen die Fässer oft an unterschiedlichen Orten. Die Fässer, die für Single Malt vorgesehen sind, lagern zum Teil noch an den Brennereien, aber auch nicht immer. Bis auf die wenigen Einzelfassabfüllungen werden alle Whiskys aus mehreren, zum Teil hunderten, Fässern gemischt. Dieses Blending bringt nicht nur die gewünschte Menge, sondern dient dazu, einen nach Möglichkeit immer gleichen Geschmack einer Marke zu gewährleisten.

 

Hat ein Fass das erwünschte Alter erreicht, wird es mit weiteren dem Lagerhaus entnommen. Die Fässer werden entweder vor Ort oder in speziellen Befüll- und Entleerungsstationen (filling and disgorging) entleert, überprüft und oft direkt wieder gefüllt. Der Whisky kommt in einen mehr oder weniger großen Sammeltank – jeder Malt und jeder Grain für sich. Bis hierhin ist der Weg in der Regel noch für Blended Scotch und Single Malt identisch. Für einen Blend werden nun die Whiskys der verschiedenen Malt und Grain Brennereien miteinander vermischt, beziehungsweise verheiratet. Je nach Philosophie und Wertigkeit gibt man der Mischung einige Tage bis Wochen Zeit, sich im Tank zu vermählen. Zum Teil werden die verheirateten Whiskys sogar wieder in Fässer gefüllt und für einige Wochen eingelagert. Unternehmen wie William Grant & Sons (Glenfiddich, Balvenie, Grants) oder Edrington (Macallan, Highland Park, Famous Grouse) besitzen hierfür spezielle Lagerhäuser. Hat der Whisky die gewünschte Homogenität erreicht, geht es zur Abfüllanlage.

 

Bis auf die Whiskys, die als Einzelfassabfüllung bzw. Luxus Abfüllungen vorgesehen sind, erfolgt der Transport zwischen Entleeren, Blenden und Abfüllen nahezu ausschließlich in Tank-LKWs. Der Transport der Whiskys im Fass über eine längere Distanz ist somit eher die Ausnahme und geschieht fasst nur noch bei Einzelfassabfüllungen. Der Transport der gefüllten Fässer ist zudem mit dem Risiko von Leckagen durch die Erschütterungen verbunden und somit mit einer geringeren Ausbeute. Das ist auch der Grund, warum sich doch einige Unternehmen für eine eigene Abfüllanlage entschieden haben. Eine Alternative ist das Umfüllen in einen IBC (Kunststofftank) bereits am Lagerort.

 

 

Der gemischte und verheiratete Whisky wird an den großen Abfüllanlagen mit deionisierten Wasser auf die gewünschte Alkoholstärke eingestellt. Liegt diese unter 46% Volumen Alkohol, erfolgt meist eine Kühlfilterung. Der Whisky wird auf 0° bis 4° Celsius herunter gekühlt und anschießend durch einen viellagigen Kieselgur Filter gepresst. Dies verhindert das Eintrüben des Whiskys durch Ausflocken einzelner Inhaltsstoffe in kühler Umgebung oder bei der Zugabe von Eiswürfeln. Zur farblichen Angleichung werden nahezu alle Blended Scotch und viele Single sowie Blended Malts noch mit einem Farbstoff (Zuckercouleur) auf den gewünschten Farbton eingestellt. Je nach Menge erfolgt nun die Abfüllung auf einer dafür geeigneten automatischen Abfülllinie.

 

Einige Unternehmen haben direkt an den Brennereien Abfüllanlagen errichtet. Diese sind aber in der Regel eher klein und nur für den Malt Whisky gedacht. Durch die vielen Neugründungen von Brennereien der letzten Jahre nimmt die Zahl weiter zu.

 

Diese Anlagen unterscheiden sich aber schon deutlich voneinander. Die kleineren Anlagen sind meistens nur teilautomatisiert. Das heißt, dass ein größerer Teil der Abläufe und Arbeitsgänge noch von Hand vorgenommen wird. Solche Anlagen sind in der Regel in der Lage, zwischen 600 und 1.500 Flaschen in der Stunde abzufüllen. Sie sind auch besonders gut für Einzelfassabfüllungen geeignet. Mit zunehmender Abfüllleistung steigt auch der Automatisierungsgrad. Der Mensch übernimmt dabei mehr und mehr eine überwachende Funktion. Gleichzeitig bedeutet eine höhere Leistung aber auch, dass jeder Produktwechsel mehr Zeit und einen höheren Reinigungsverlust kostet. Daher werden Kleinmengen, wie Einzelfassabfüllungen oder Luxusabfüllungen gezielt auf kleinen, langsam laufenden Anlagen abgefüllt. Auf diesen rund zwei Dutzend kleinen Anlagen werden deutlich unter 1% aller abgefüllten Flaschen mit schottischen Whisky befüllt.

 

 

Sind die Flaschenauflagen größer, kommen Abfüllanlagen mit mittleren Geschwindigkeiten von etwa 1.500 bis 9.000 Faschen in der Stunde zum Einsatz. Nahezu alle Single Malts (Standardabfüllungen) werden mit solchen Anlagen abgefüllt. Ein Arbeitsschritt erfolgt aber auch hier noch von Hand: das Einpacken der Flaschen in die Tubes. Diese Anlagen sind auf hohe Flexibilität ausgelegt. Das heißt, dass mehrere Produktwechsel / Wechsel der Flaschengrößen und Formen am Tag möglich sind. Gut die Hälfte aller Abfüllanlagen in der schottischen Whiskyindustrie fällt in diese Größenklasse. Sie dürften etwa 20% aller Flaschen abfüllen.

 

Hochleistungsanlagen mit mehr als 9.000 Flaschen in der Stunde sind nur an wenigen Standorten im Einsatz. Die derzeit schnellsten Abfülllinien für Whisky füllen 36.000 Flaschen je Stunde (10 Flaschen pro Sekunde). Ein nicht unerheblicher Teil dieser Hochgeschwindigkeitsanlagen kommen von einem Hersteller aus Deutschland: der Krones AG. Sie bleiben fast ausschließlich den Blended Whiskys vorbehalten. Nahezu 80% des gesamten schottischen Whiskys geht über diese Anlagen. Einige dieser Linien füllen nur eine einzige Abfüllung einer Marke ab, in 2 bis 3 Schichten, an 5 Tagen in der Woche. Ihr großer Vorteil: sehr geringe Kosten pro gefüllte Flasche.

 

Alle automatischen Linien arbeiten dabei ähnlich. Diese aufeinander folgenden Arbeitsgänge werden durchgeführt: Flaschen in die Anlage einbringen und spülen (mit Wasser oder Whisky), Befüllen der Flaschen, Verschluss aufbringen (Korken, Schraubverschluss, Sicherheits-/Originalitätsverschluss), Metallkappe oder Schraubverschluss bördeln (an die Flaschenform anpressen), Etikettieren, Datum und Chargennummer aufdrucken sowie ggf. das Verpacken in eine Flaschenpappschachtel und den Transportkarton. Das Verpacken in eine Tube erfolgt in der Regel von Hand. Zum Schluss werden die Kartons noch maschinell auf Transportpaletten gestapelt.

 

Die Abfülllinien sind modular aufgebaut. Das Herzstück jeder Linie ist die Fülleinheit, oder Füllblock. Bei den kleinen Anlagen sind 4 bis 8 Füllmodule in Reihe montiert (die Flaschen werden oft noch von Hand eingesetzt). Bei den automatischen Linien sind die einzelnen Module außen an einem runden Drehteller montiert, der ein wenig wie ein Karussell aussieht. Ein solcher Drehteller kann mehrere Meter Durchmesser und mehr als 150 Füllmodule besitzen. Je mehr Flaschen pro Minute gefüllt werden können, desto mehr Module werden benötigt. Die eigentliche Füllzeit der einzelnen Flasche unterscheidet sich nämlich bei den Anlagen kaum.Vom Einführen der leeren Flasche bis zum Verlassen der Gefüllten, legt der Drehteller keine ganze Umdrehung zurück. Die Geschwindigkeit und die Anzahl der Füllmodule (und damit der Durchmesser des Blocks) ergeben somit maximale Flaschenkapazität.

 

Der eigentliche Füllvorgang dauert zwischen 8 und 10 Sekunden. In einer automatischen Linie wird die Flasche durch einen Hydraulikzylinder angehoben und an den Füllkopf gepresst. Liegt der Flaschenhals am Füllkopf an, öffnet sich ein Ventil und es wird ein leichter Unterdruck in der Flasche erzeugt. Gleichzeitig öffnet sich ein zweites Ventil, das den Whisky in die Flasche fließen lässt. Über einen Schirm am unteren Teil des Füllkopfes wird die einströmende Flüssigkeit an die Flascheninnenwand umgelenkt. Hierdurch kann die Flasche ohne Schaumbildung schnell gefüllt werden. Ist sie voll, schließt sich das Füllventil wieder. Durch ein Absaugrohr wird noch soviel Flüssigkeit wieder entnommen, bis der gewünschte vorgegebene Füllstand erreicht ist. Die gefüllte Flasche senkt sich wieder ab und verlässt den Füllblock. Direkt im Anschluss wird die Falsche verschlossen.

 

Wie zu Beginn schon erwähnt, besitzt nahezu jede Marke eine eigene Flaschenform. Zudem sind auf unterschiedlichen Märkten bestimmte Flaschengrößen (z.B. Europäische Union 0,7 Liter, USA 0,75 Liter) sowie die Angaben auf den Etiketten vorgeschrieben. Je mehr unterschiedliche Marken in einer Anlage abgefüllt werden, desto größer ist der logistische Aufwand und die Lagerhaltung. Um die Kosten zu reduzieren, werden auch hier viele Komponenten "just in time" angeliefert. Das Lager vor Ort reicht oft nur für wenige Tage. Genauso gehen viele gefüllte Flaschen direkt in den LKW oder Container und auf die Reise. Auch hier wird die Lagerhaltung auf ein Minimum beschränkt.

 

Bei Kleinstmengen, wie Einzelfassabfüllungen oder Luxusabfüllungen erfolgen viele Arbeitsschritte noch von Hand.

Die meisten der langsam laufenden Anlagen sind nur teilautomatisiert. Hierdurch und den Aufbau der Anlagen können viele Produktwechsel am Tag erfolgen. Die Reinigungsverluste sind sehr gering, da keine langen Leitungsnetze und kaum Pumpen vorhanden sind. Hochwertige Flaschen nehmen keinen Schaden, da sie nicht über Bandanlagen laufen. Eine hohe Individualität der Flaschen und Verpackungen ist möglich. Die Stückkosten sind im Vergleich zu den vollautomatischen Anlagen jedoch deutlich höher. Das hat auch mit dem deutlich höheren Personaleinsatz und den damit verbundenen Kosten zu tun.

 

Auf Grund ihrer Größe und der zum Teil geringen Auflage sind Miniaturen ein eigenes Feld. Sie benötigen eine separate Fülllinie. Kleinstmengen werden meistens von Hand abgefüllt, der Schraubverschluss gebördelt und die Flasche etikettiert. Einige Unternehmen bieten das Abfüllen von Miniaturen als Dienstleistung an. Die große Menge an Standard Miniaturen werden jedoch auf nur sehr wenigen Anlagen abgefüllt. Die meisten davon auf einer Hochleistungsanlage in Newbridge. Sie ist in der Lage, bis zu 18.000 5 cl Flaschen in der Stunde zu befüllen.

 

Die Entscheidung für eine eigene Abfüllanlage ist eine bewusste Entscheidung. Die Kosten sind nicht zu unterschätzen. Wenn Abfüllanlagen zu groß dimensioniert sind und zu viele Standzeiten haben, sind sie nicht wirtschaftlich. Zudem wird nicht nur der Platz für die Anlage selber benötigt, sondern auch für leere Flaschen, Verpackungen, Kartons, Verschlüsse sowie Etiketten und natürlich die gefüllten Flaschen. Daher entscheiden sich viele Unternehmen gegen eine eigene Abfüllanlage und nutzen lieber die eines Dienstleisters oder Mitbewerbers.

 

Bei einem Unternehmen, das im Durchschnitt 100 Abfüllungen im Jahr auf den Markt bringt, würde selbst eine kleine teilautomatisierte Abfüllanlage nur an 20 bis 30 Tagen im Jahr laufen, den Rest des Jahres stände sie still. Daher hat sich ein Teil der Unternehmen, die eine eigene Anlage besitzen, dazu entschieden, die nicht selbst benötigte Kapazität dadurch zu nutzen, dass sie für Mitbewerber Whisky abfüllen. So werden die Standzeiten minimiert und zusätzliche Einnahmen generiert. Die meisten Abfüllanlagen laufen in der Regel im 1 ober 2 Schichtbetrieb an 5 Tagen.

 

Im Jahr 2015 wurden laut SWA alleine 1.159.000.000 Flaschen Scotch Whisky exportiert.

 

Weitere 33.975.000 Flaschen Scotch Whisky wurden 2015 in Großbritannien verkauft.



 

Autor: Eagle Eye

Bild 1 / Recherche Bild 2: Gloin

Bild 3: Eggi

 

 






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