Um bei aller Nachhaltigkeit heute etwas flexibler vorzugehen, möchte ich das hier beschriebene räumliche Fern-„Duell“ (Corona-unabhängig und konfliktfrei) in der Darstellung auch noch weiter splitten. Und zwar nach zwei Meinungen und zwei Zeitabläufen. Die erste Meinung von Freund @fanjoscha, die zweite von mir.
Der erste Eindruck (t1) gleich nach dem „Einglasen“ aus der Flasche und der zweite (t2) mehr als eine Stunde im offenen Glas später.
t1: fanjoscha Ja. Das ist gut. Eingeschenkt und schon mal ne Nase genommen. Trauben haben wir. Aber tendenziell noch verschlossen. Eine gewisse Nussigkeit macht sich aber schon bemerkbar. Mal abwarten, was die Zeit bringt....
lamalou Schon ein paar Tage her: voller Neugier die Flasche geöffnet, eingeschenkt, Nase rein und oops... Firma Henkel, aber nicht „trocken“, sondern Abteilung Pattex! Allerdings noch ein paar Grade stärker als mein Eindruck beim Darroze / Salié 1989/2019. Und das nachhaltig, auch am Gaumen. Also Korken drauf und weggestellt. „Glatter Fehlkauf!“
Sah ich gestern beim lokalen Händler meines Vertrauens im Emsland exakt so. Für 135 Euronen bekommt man dort fast zwei (!) der kohlpechrabenschwarzen Edradour Ultimate 2010 first fill Sherrybutt 56,8%. WID 158221 Umwerfend! Und ich bin nicht der Sherry Fan. Davon hat er fast 60 Flaschen in einer Woche verkauft.
t2 fanjoscha Die Früchte kommen. Pflaumen, leichte Orangennoten. Toll :) Irgendwas ist da, was ich nicht fassen kann. Langsam kommen auch Kakaonoten. Auch durchaus ein wenig Holz kommt durch. Die Zeit tut ihm gut. Ne tolle Nase. Filigraner als andere. Nicht so „in your face“. Mal schauen, was der Geschmack so bringt:) Mhhhhh... ölig. Volle Ladung Frucht. Toll. Ne schöne Nuss. Walnüsse würde ich sagen. Ah, der wärmt schön. Toller Abgang. Der macht Spaß. Voll Kakao und auch etwas Rancio kommt da. Im Abgang und am Ende am Gaumen wird er dann doch etwas dreckiger. Erdiger, Leder. Tolles Teil. Der macht aber mal richtig Spaß :)
lamalou Um fanfoscha und auch mich selbst nicht langweilend zu wiederholen, benenne ich einige Marksteine. Mir scheint, auch in dem Moment, in dem ich das hier begleitend schreibe, dass schon das Öffnen der Flasche für zwei, drei Tage dem Armagnac gut getan hat. Noch viel mehr das Ruhen im Glas mit der Möglichkeit, etwas „abzudampfen“ und Sauerstoff aufzunehmen. Denn auch nach einem weiteren Versuch heute gibt der Kleber schon frisch nach dem Einschenken sehr schnell auf. Umso mehr nach einer weiteren Stunde!
In der Nase jetzt wirklich milder (exakt, was ich erwartet hätte), neben Traube, Karamell eine starke Patisserie. Ich hänge immer noch an der tollen Beschreibung „Buttrigkeit“ von @Whiskytester zum Château de Lacquy 7ans, 40,5%!
Inzwischen weiß ich als (born & raised) Ostfriese auch, was ich daran so liebe: es ist wie Ostfriesentee mit Kluntje und Sahne! Meine Heimat im Glase: Tee plus Sahne (Buttrigkeit) plus Kluntje (Kandis, für Ausländer)(Süße). Alles da! Und mehr. Insbesondere Zimt und Lakritz.
Am „Gaumen“ doch leichter Alkohol an den Zungenrändern, überdeckt aber von Würze, Vanille, Kichererbse (meine afrikanische Seele at work), Leder, Erde, Rancio. Im Abgang mittellang und länger jetzt sehr weich, dazu Kräuter der Provence, schwarze Früchte, Brombeere, Bahndamm/Schattenseite: Sauerampfer, Leder, etwas Pfeffer. Insgesamt habe ich also insoweit wieder einen Frieden mit Laubade gefunden.
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In the end, we will remember not the words of our enemies, but the silence of our friends. (Martin Luther King)
Sehr informativ-differenzierte Beschreibungen wie immer, vielen Dank @lamalou Besonders aufschlussreich ist der Vergleich mit den Eindrücken von @Fanjoscha -- und das alles noch im Zeitverlauf vergleichend beschrieben Perspektivenwechsel haben schon was, da kann ich Dir/Euch nur zustimmen!
Die Wandelbarkeit von Armagnacs (besonders den fassstarken) ist meiner Erfahrung nach mindestens so groß wie jene von Single Malts. Mir ist es übrigens beim fassstarken 50,8%-1992er-Laubade ähnlich ergangen: Unmittelbar nach dem Öffnen war der ziemlich verschlossen und kam erst mit ordentlich Luft so richtig in Fahrt. Mittlerweile, nach einem Jahr (die Flasche ist noch zu einem Drittel voll), sind die "scharfen" Noten sehr im Hintergrund und die "fruchtig-ölige Dichte" hat das Kommando übernommen.