Aroma Schwer, dicht, dunkle Früchte, Fachwerkhaus, Bratapfel mit Zimt, etwas Eukalyptus, Schwarztee, dunkle Schokolade, Eichenwürze. Geschmack Ölig, Pflaumenmus mit Zimt, dunkle Trauben, Schokocroissant, Schwarztee, Leder, altes morsches Holz. Fazit Traumhaft! Alt, schwer, ölig, dunkel... alles was ich bei den Eckdaten erwartet habe. Ein genialer Armagnac.
Bas Armagnac Darroze Domaine de Bellair 1970 (2020) 44,2%
Ein Danke an @pianoman für die Probe dieses traumhaften Armagnacs!
Geruch: Der Armagnac aus der Domaine de Bellair zeigt sofort Spitzwegerichsaft, Schwarzbeeren, Zwetschkenröster. Morgentaufrischer Waldboden, eine Mischung aus Tannennadel- und Laubbaumduft. Etwas Kirsche ergänzt den Pflaumenduft. Zeigt sich mit feiner Dichte und Öligkeit. Erinnert mich entfernt an den 1979er-Laberdolive. Geht schlussendlich aber sehr in die sehr dunkle Richtung.
Geschmack und Abgang: Dieser 1970er aus der Domaine de Bellair kommt mit voller Zwetschkenröster- und Pflaumenwucht in den Mundraum. Zimt, etwas Kirsche. Kerbel, Majoran. Dunkle Erde, feuchtes Moos. Spitzwegerichsaft. Sherry und Madeira. Das ganz alte Profil. Der Abgang ist lang und wärmend, naturgemäß.
Fazit: Ein tolles altes Profil Marke Pflaume-Madeira-Dunkelwald. Jedoch, anders als bei manch alten Armagnacs aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, ohne zu viel Süße, Eiche oder vergleichsweise kurzen Abgang. Naturbelassene alte Spirits sind eben durch nichts zu ersetzen. Dieser Armagnac ist für mich ein spirithimmlisches 96-Punkte-Vergnügen (96-96.5-96) mit Option auf mehr.
Nase: Auf Anhieb wird klar, dass dieser Bellair auf der dunkelfruchtigen Seite zu verorten ist. Reife Brombeeren und schwarze Johannisbeeren treffen auf hervorragende, mit Zimt abgeschmeckte Zwetschgen. Ein Hauch von Eukalyptus sorgt für eine schöne Frische. Reife Zitronen changieren im Hintergrund. Der Alkohol ist perfekt eingebunden und die herrliche Eiche ist ein Paradebeispiel dafür, wie fein und dicht die Aromen bei einem guten Armagnac verwoben sein können. Das feine Eichenholzaroma wird vortrefflich von einer schönen Nussigkeit begleitet. Majoran sorgt für einen schönen herben Kräutereinschlag und immer wieder betören die Zwetschgen und der Zimt. Unter den durchweg sehr guten dunkelfruchtigen Bellairs ist das für mich bislang die bezauberndste Nase. Wow.
Mund: Ölig, aber im direkten Vergleich mit anderen Bellairs vergleichsweise klar, trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Unmittelbar ist eine unheimlich schöne Fruchtsüße präsent. Obwohl weißer Pfeffer und etwas Ingwer ein wenig am Spannungsbogen drehen sind die leckeren Zwetschgen aus der Nase sofort erkennbar. Reife Beeren fügen sich schön ein. Ich schmecke Brombeeren, Heidelbeeren und einen Mix aus roten und schwarzen Johannisbeeren heraus. Immer dunkler werdende Schokolade, feines Marzipan und Pistazien sorgen für eine Untermalung, die mich für einen Moment an Mozartkugeln denken lässt. Hin und wieder blitzen ein paar Spritzer Zitronensaft durch. Ein schöner Kontrast zu den dunklen Früchten. Mit der Zeit arbeitet sich ein schöner Eichenholzgeschmack nach vorne. Es wird immer nussiger. Ein leckerer leicht ledrig-erdiger Geschmack bahnt den Weg ins Finish. Mundgefühl und Intensität sind rundum prima. Lecker.
Abgang: Das Finish ist lang. Anfänglich prickeln Pfeffer und Ingwer noch spürbar nach. Die schöne Fruchtsüße der Zwetschgen und Beeren fängt die Gewürze richtig schön ein und wie im Zeitraffer setzen sich dann peu à peu immer stärker das Eichenholz, die Nüsse und Leder durch. Auf Zimt und Majoran treffen zunehmends dunkle, herbe Schokolade und Espresso. Dabei immer wieder diese verdammt leckere Eiche. Jetzt wieder Zwetschgen und dunkle Beeren. Das hinreißende Wechselspiel lässt mich ein wenig Zeit und Raum vergessen.
Charakter: Ein hervorragender dunkelfruchtiger Bellair. Zwetschgen, Zimt, dunkle Beeren und Eichenholz liefern hier ganz großes Kino ab. Dunkle Schokolade, Leder, Nüsse, Espresso und noch vieles mehr. Diese Abfüllung ist herrlich komplex, intensiv und harmonisch zugleich. Ordentlich viel europäisches Eichenholz sollte man natürlich mögen.
Bewertung:Ein grandioser Bellair, der keinen Vergleich mit einem dunkelfruchtigen Family Cask zu scheuen braucht. Zumal diese Abfüllung verdeutlicht, was für ein traumhaftes Eichenholz in so manchen Armagnacs zu finden ist. Von mir gibt es begeisterte 93 Punkte.