In den Notes hier wird immer mal wieder von ganz herausragenden Jahrgängen berichtet. Ich habe da zu wenig Drinkerfahrung um mitzureden.
Nun unterscheiden sich Jahrgänge durch die klimatischen Bedingungen des Kalenderjahres, die sich auf die Weinreben auswirken - soweit logisch und nachvollziehbar. Aber dann folgt der Brand, ein erster Schritt zur Nivellierung. Und dann noch viel mehr eine mehrjährige Fasslagerung, die das Aromenspektrum des Rohdestillats erheblich weiterentwickelt und dabei überschreibt.
Wie ist hier die Erfahrung der Armagnac-Gemeinde? Ein Vergleich macht ja nur Sinn bei Einzelfässern, die sich ausschließlich im Jahrgang unterscheiden und ansonsten weitgehend übereinstimmen (Hersteller, Rebsorte, Alkoholgehalt, Reifedauer).
Aus meiner geringen Erfahrung mit diversen Jahrgängen ist mir zumindest beim Laubade der 62‘er als außergewöhnlich gut in Erinnerung. Im Vergleich dazu waren 63 und 64 deutlich schwächer. Ich vermute aber hier gibt es kompetentere Genießer die dazu weit besser antworten können.
ältere Forenabfüllungen gesucht auch Anbruchflaschen bitte anbieten per PM
@Mortlach19 Dass es gute und weniger gute Armagnac-Jahrgänge gibt, ist ein Umstand, von dem die Hersteller schon seit Jahrhunderten berichten. Dabei gelten natürlich die von Dir angesprochenen Einschränkungen, denn neben dem "Terroir" und dem damit verbundenen Wetter des jeweiligen Erntejahres gibt es noch einige weitere Einflussfaktoren. >> Hier eine Übersicht über die einen Armagnac prägenden Faktoren.
Klar ist auch, dass es in manchen Regionen immer schon "Katastrophenjahrgänge" gegeben hat, in denen z.B. durch Rebkrankheiten, Dürre oder Hagel (wie 2023) in weiten Gebieten komplette Ernten ausgefallen sind. Dann gab und gibt es wiederum Jahrgänge, die besonders ertragreich ausgefallen sind. Und dann gibt es eben Jahrgänge, die bei auffallend vielen Herstellern auffallend gute Armagnacs hervorgebracht haben. Da sollte man sich v.a. auf die Aussagen der Produzenten vor Ort verlassen, denn die haben meist den historisch und regionsbezogen besten Überblick.
Und noch ein Faktor: In der Gascogne produzieren ja viele kleine und mittelgroße Weinbaubetriebe Wein und Armagnac (derzeit wird mehr "Cote de Gascogne" produziert als Armagnac), was sehr sinnvoll ist, denn in einem "guten Weinjahr" entstehen Trauben mit relativ geringem Säuregehalt, während in einem "guten Armagnacjahr" die Trauben einen etwas höheren Säuregehalt aufweisen, was wiederum bei der Armagnacproduktion von Vorteil ist.
Im Jahr 1999 beispielsweise entstand bei auffallend vielen Herstellern besonders guter Armagnac (z.B. bei Laubade, Baraillon, Lacquy). Die klimatischen Bedingungen des Jahres 1999 werden bei Lacquy so beschrieben:
ZitatNach einem trockenen Winter verlangsamte ein kalter und regnerischer Frühling das Wachstum der Rebstöcke. Der Sommer, der im Juni begann, war sonnig und sehr heiß, mit Temperaturen von 38-40°C, was die perfekte Reifung der Trauben begünstigte. Die Weinlese fand Ende September und im Oktober statt und brachte hochwertige, komplexe Weine mit einem perfekten Säuregleichgewicht hervor. Ein außergewöhnlicher Jahrgang, genau wie in den anderen Appellationen.
Es ist aber natürlich auch so, dass es innerhalb eines Jahrganges wesentliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Fässern (aus verschiedenen Trauben) gibt, was sich natürlich besonders gut bei großen Herstellern wie Laubade zeigen lässt, die jährlich viele Fässer aus unterschiedlichen Traubensorten produzieren und in unterschiedlichen Lagern bei unterschiedlichen Bedingungen reifen lassen und diese Fässer dann auch in unterschiedlicher Weise blenden können.
@Rhisky hat den Laubade-Jahrgang 1962 angesprochen. Für den alten Herrn Lesgourgues war dieser Jahrgang (neben den Jahrgängen 1989, 1983, 1974 und 1955) einer der allerbesten Jahrgänge unter den mehr als 75 Jahrgängen der letzten mehr als hundert Jahre, die in den Lagern des Chateau de Laubade schlummern. Und auch diese Jahrgangsabfüllungen werden immer wieder neu zusammengestellt. So finde ich die Zwanziger-Batches (um die Jahre 2019/2020) herausragend, die Dreißiger-Batches (ab 2021) sagen mir wiederum entschieden weniger zu. Ich war nun auf der Such nach einem Batch aus früheren Jahren, auf das sich Lesgourgues im Video aus 2014 bezogen haben wird und wurde fündig mit einer 1962er-Abfüllung aus 2015. Und was soll ich sagen? Dieser 1962er ist noch einmal ein Stück intensiver mit anderer Charakteristik als das Batch aus 2019/2020!
Meine Conclusio: Es gibt schon anerkannt "besonders gute Jahrgänge" (wie z.B. 2008, 1999, 1989, 1983, 1976, 1974, 1964, 1962) auch bei Armagnac. Der individuelle Ausbau auf der jeweiligen Domaine ist für die Gesamtqualität eines Armagnacs m.E. aber entscheidender als der Jahrgang (sprich die Bedingungen des Wetters und des Terroirs eines bestimmten Produktionsjahres) allein. Es gibt auch aus guten Jahrgängen nicht so gute Armagnacs. Aus guten Jahrgängen kommen jedoch bei guten Herstellern auffallend viele gute Armagnacs.