Wer sich in letzter Zeit nach einemTrue Bluevon Balcones umgesehen hat, wird wohl festgestellt haben, dass die Verfügbarkeit hierzulande stark nachgelassen hat. Im Gegensatz dazu ist “der kleine Bruder” Baby Blue nach wie gut erhältlich. Grund genug ihn sich mal genauer anzusehen. Wie auch beim True Blue haben wir eine 100% Blue Corn Mashbill. Gerösteter blauer Hopi Mais, um genau zu sein. Eine traditionelle Maissorte, die wohl ursprünglich vor allem aus dem ungefähren Gebiet New Mexicos stammt.
Je nachdem wo man ihn kauft - in den USA oder Europa - ist der Baby Blue nominell entweder ein “Corn Whisky” oder ein “Corn Spirit” - bei identischem Inhalt. Wie kommt’s? In Europa muss alles was sich “Whisky” nennt mindestens 3 Jahre Reifung hinter sich haben, in den USA gibt es keine solche Regel.
Das bringt uns zum nächsten Punkt: Der Baby Blue trägt keine Altersangabe, ist aber wohl nur mindestens 6 Monate alt. Die Reifung verbringt er - Corn Whisky-konform - in gebrauchten Fässern. Und in überaus kleinen: Knapp 20 Liter fasst ein Balcones Fass, das ist etwa zehnmal kleiner als das “was sonst so üblich ist”, und die geringe Größe sorgt für einen intensiveren Holzkontakt zwischen Spirituose und Holz.
Wie alles von Balcones: Auf Pot Stills gebrannt. Und “nie gefärbt, nie kühlgefiltert”, wie auf jedem Rücketikett einer Balcones Flasche steht.
Nase: jung und süß mit Mais, würzige Röstaromen die ins Angebrannte übergehen. Hier intensiv und ins Chemische gehend. Schwer zu beschreiben, beinahe wie schwelende Gummireifen. Ebenfalls intensiv süß: Zuckerwatte. Mund: erinnert im ersten Moment an Moonshine / ungereiften Maiswhiskey, schnell kommen jedoch Fruchtnoten hinzu. Diese sind intensiv und süß und erinnern eher an “künstliche” Früchte (Gummisüßigkeiten), als an echte Früchte. Etwas Vanille im Hintergrund, aber nie dominant. Abgang: recht lang und wärmend
Er ist nicht sehr komplex und eher flach als tief, gleichzeitig sehr intensiv! “Intentionally youthful” - also so viel wie “absichtlich jung (schmeckend)” - steht auf dem Rücketikett, und wir stimmen dem zu: Man schmeckt seine Jugend, sie wirkt aber nicht misslungen, sondern durchaus beabsichtigt. Man hatte hier einen Plan, der aufgeht. Allerdings nur, wenn man sich überhaupt mit diesen eigenwilligen Noten anfreunden kann und will. Man bekommt hier nichts was an Bourbon erinnert, auch von einem “klassischen” Corn Whiskey (etwa aus Kentucky) ist er geschmacklich weit entfernt. Er erinnert schon eher an das, was man “sonst auch so” aus Texas kennt… und ist doch nochmal anders. Wie gesagt, seine Jugend wirkt für sich gesehen nicht misslungen, dennoch verhindert sie, dass er den wesentlich volleren True Blue ersetzen kann. Dafür ist er im Endeffekt zu anders als der “große Bruder”. Es sei gesagt: Hohes Polarisierungspotenzial garantiert!
Für uns ist er interessant genug und schmackhaft genug, als das wir die ca. 40€ als angemessen empfinden, gerade wenn man mal ganz bewusst “was neues” probieren möchte. Als kompletten Neueinstieg in Texas Whisky würden wir ihn jedoch nicht empfehlen. Der gefälligere, vollere und rundere Balcones Bourbon etwa eignet sich dafür sicher besser und kommt mit weniger “Polarisierungspotenzial” daher. Und ja, auch der True Blue wäre für den Einstieg geeigneter, sofern man ihn noch bekommen kann.
Weiteres zum Baby Blue und zur Balcones Distillery allgemein in unserem Video: