Der ist richtig toll. Geht zu 90% bei blindtastings als Whisky durch. Tolle aromenreiche süß-cremige Nase und birgt genug Aromen um auch bei 40% im Mund ausreichend voll zu sein. Eine tolle Erfahrung an die ich mich gewöhnen könnte.
Nase: Zaghaft lösen sich leichte Röstaromen und Abrieb von Orangenschalen aus der anfangs noch verschlossenen Nase. Karamell und Vollmilchschokolade vermengen sich mit süßen Beeren und Trauben, ein Hauch Kirscharoma liegt in der Luft. Die süßliche Grundnote der Nase gibt Haselnüsse und cremige Schokolade frei, getrocknete Früchte liegen dezent im Hintergrund. Fein würzig und undglaublich süß zeigen sich abwechselnd Karamell, Schokolade, Orangen, süße Beeren, leicht karamellisierter Zucker, Toffee, getrocknete Rosinen und eine leicht orientalische Gewürznote. Mein Speichelfluss wird langsam angeregt, gleich folgt der erste Schluck.
Geschmack: Herb und leicht säuerlich fließt der erste Schluck relativ dünn durch den Gaumen. Würzige Holztöne und herbe, getrocknete Beeren folgen, cremige Schokolade kleidet den Gaumen aus, langsam legt sich dezent hölzerne Schärfe auf die Zunge. Eine würzige Note hebt sich aus der langsam intensiver werdenden Schärfe, ein trockenes Mundgefühl entsteht. Getrocknete, in Cognac eingelegte Beeren ruhen im Gaumen. Der zweite Schluck ist ebenfalls mild und cremig, wirkt auch anfangs wieder dünn und wässrig, gewinnt jedoch im Laufe der Zeit an Dynamik und Komplexität. Würzige und dunkle Fruchtnoten vermischen sich mit herben Holztönen, Gerbsäure und eine undefinierbare Gewürznote entstehen. Trockene und leicht angebrannte Holzstücke verteilen sich cremig im Gaumen.
Nachklang: Herb und eher von säuerlichen Aromen geprägt geht der Geschmack mollig warm in den Nachklang über. Dunkle und gediegene Frucht- und Holzaromen ruhen auf der Zunge, ölige und säuerliche Fruchtnote lösen sich langsam aus der sonst dunklen und cremigen Note. Ein für mich undefinierbares Aroma liegt schon seit Minuten auf der Zunge und will sich mir nicht zu erkennen geben.
Kommentar: Dieser alte Armagnac stellt mich geschmacklich ein wenig vor ein Rätsel. Zwar sind die Grundaromen und Grundeindrücke einem Single Malt sehr ähnlich, jedoch gibt dieser Armagnac immer wieder für mich undefinierbare und ungewöhnliche Aromen preis. Dies war mein zweiter Armagnac und trotz der teils undefinierbaren Aromen hat er mir sehr gut geschmeckt und mit einen neue Erfahrung offenbart. Für mich ungewöhnlich aber trotzdem auf seine Art sehr lecker.
☆☆☆ Es ist ein langer Weg zum Whisky-Experten - aber es ist eine schöne Zeit bis dahin! ☆☆☆
Abgang: Trockenfrüchte, Pflaume und Pfirsich, die Adstringenz setzt sich fort, leicht säuerlich, Chicorée, leicht bitter, Traubensaft, lang
Bewertung: Der Geruch ist sehr vielfältig und abwechslungsreich, ein Geruch zum Erforschen, ständigem Suchen und Finden weiterer Aromen. Blind hätte ich diesen Geruch leicht mit dem eines (ausgezeichneten) Whisky verwechseln können. Im Wissen, dass es sich um einen Armagnac handelt, glaube ich Fruchtaromen zu finden, die in einer solchen Ausdruckstärke im Whisky nicht vorkommen. Besonders beeindruckt, dass gleichzeitig Alter und Reife neben Frische und Kraft stehen, ich möchte nicht mehr aufhören zu riechen. Der Geschmack steht dem Geruch kaum nach und überzeugt. Einzig dem Körper hätte etwas mehr Substanz gut zu Gesicht gestanden, vielleicht fehlen hier doch ein paar Prozente. Und auch der Abgang enttäuscht nicht. Dieser Weinbrand muss sich hinter keinem Whisky in Hinblick auf Intensität oder Komplexität verstecken. Überzeugend in jeder Hinsicht. 91 Punkte
‐---------------------------- "Don't believe the hype" Public Enemy