Glenglassaugh 1978/2012 The Master Distillers' Selection (WID 114187)
Farbe: Russetmuscat
Nase: Betörende gesetzte Sherryaromen strömen in die Nase. Von feiner Schokolade begleitet, machen leicht erdig wirkende Rosinen, Trockenfeigen, Trockenpflaumen und Datteln den Beginn. Ein Hauch von Wildleder durchzieht die Nase und kurze Zeit später wagen sich auch reife dunkle Pflaumen, Kirschen, Brombeeren und Heidelbeeren aus der Deckung. Reife Zitronen und Orangenschalen changieren im Hintergrund. Unterschwellig schwingen feine Nüsse und Röstaromen mit und eine schwer beschreibbare Note, die mich an altes leicht staubiges Papier und Leinen erinnert, versetzt mich in eine alte Bibliothek. Betörender feiner Holzrauch zieht auf. Fass und Destillat haben sich hier auf eine unheimlich schöne Art und Weise gegenseitig bereichtert. Hier liegt ein altehrwürdiger Sherrymalt erster Klasse im Glas. Wahnsinn.
Mund: Der Tropfen unheimlich weich und sanft auf die Zungenspitze und lädt zum langen Halten im Mund ein. Das sollte man auch unbedingt tun, denn nach ein bis zwei Sekunden regnet es es quasi genussvolle Eindrücke am Band. Ein süßlich-herber Getreidegeschmack bietet Orangen, Rosinen, erdigen Datteln und Trockenpflaumen eine vortreffliche Grundlage. Kirschen, Brombeeren, und Heidelbeeren sorgen für eine hinreißende Fruchtsüße und etwas Pfeffer beginnt angenehm auf der Zunge zu prickeln. Haselnüsse, Mandeln, Schokolade und Leder untermauern den schönen Geschmack und während immer wieder feiner Tabak durchblitzt, zieht mich das immer mehr richtig schönes altes Eichenholz in seinen Bann. Die Intensität und das Mundgefühl sind optimal und wie in einem Guß geht es ins Finish über. Bei nachfolgenden Schlucken zeigen sich zusätzlich noch Zimt, Lakritz, Holzrauch und ein Hauch angeratschte Zündhölzer.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang und bis zur letzten Sekunde ausgesprochen harmonisch. Das trockene Eichenholz, der Holzrauch und die erdigen Trockenfruchtaromen setzen zusammen mit Haselnüssen und etwas Schokolade einen herrlichen Grundton. Auf der Fruchtseite klingen neben den dunklen Beeren aus dem Geschmack jetzt vor allem reife Pflaumen nach. Zusammen mit etwas Zimt, Leder und feinem Tabak klingt der Tropfen langsam und genussvoll aus. Ganz zum Schluss grüßen noch einmal die Orangen und zum formidablen Eichenholz gibt als i-Tüpfelchen sogar noch etwas schwarzen Kaffee.
Charakter: Für mich eine Bilderbuch-Sherryabfüllung: gut gereift, komplex, harmonisch, verspielt und lebhaft. Der Facettenreichtum ist faszinierend und die bis hin zur Intensität und dem Mundgefühl passt hier rundum einfach alles genauso, wie es ist.
Bewertung: Für diesen traumhaften Glenglassaugh gibt es von mir volle 93 Punkte. Tendenz 94. So sehr ich es bereue, dass ich die Herrlichkeit vieler alter Glenglassaughs erst zu spät entdeckt, so sehr freue freue ich mich darüber, dass ich diese Abfüllung immerhin probieren konnte.