“Der erste neue amerikanische Whiskeystil seit der Prohibition”, so steht es in gewohnt selbstbewusster Art im kleinen Begleitheftchten des Bernheim Original Wheat Whiskey.
Gemeint ist hier folglich der Stil “Wheat Whiskey”, zu Deutsch also “Weizenwhiskey”, und das “Original” im Namen verkörpert den Anspruch der Destillerie Heaven Hill, mit dem Bernheim im Jahre 2005 den ersten Wheat Whiskey auf den Markt gebracht zu haben, bzw müsste man wohl ehrlicher und genauer sagen: Den ersten in neuerer Zeit unter dem Begriff “Wheat Whiskey” vermarkteten Whiskey.
Was überhaupt ist Wheat Whiskey? Es gelten weitgehend die Regeln wie für Bourbon und Rye, nur auf das Hauptgetreide Weizen bezogen, also: Mindestens 51% Weizen müssen die Mashbill dominieren. Wheat Whiskey ist also anders als manchmal salopp dahergesagt nicht dasselbe wie Wheated Bourbon, und so manch ein Wheat Whiskey (von denen es inzwischen ein paar gibt) besteht zu 100% aus Weizen.
Nicht jedoch der Bernheim. Die Mashbill ist offiziell bekannt: 51% Weizen, 37% Mais, 12% gemälzte Gerste. Zum Vergleich, der bekannteste Wheated Bourbon Maker’s Mark hat folgende Mashbil: 70% Mais, 16% Weizen, 14% gemälzte Gerste.
Ansonsten gilt für amerikanischen Wheat Whiskey ebenfalls: Reifung in frischer ausgebrannter Eiche, und - wir kennen es - wenn “Straight”: Für mindestens 2 Jahre, und falls kein Alter vermerkt für mindestens 4 Jahre. Beim Bernheim ist da jedoch keinerlei Spekulation nötig, dank 7-jähriger Altersangabe. Und 45% Alkohol hat er. Nu’ aber…
Nase: Zu Beginn eine flache alkoholische Schärfe, die aber sehr schnell verfliegt. Dann süß und weich mit Vanilleplätzchen und etwas säuerlichen Fruchtnoten. Mund: Verhalten auf dem Gaumen, man benötigt direkt einen zweiten Schuck. Dann ähnlich wie in der Nase mit süß-weicher Vanille, bis hin zu leichten, zuckrigen Honignoten, und schwer definierbaren süßen und säuerlichen Fruchtnoten. Alles zunächst weich und flach, doch gegen Ende dann herber, strenger und würziger mit etwas, was erst wie Roggen anmutet, aber doch etwas anderes ist. Abgang: Kurz in der Süße, aber bleibend in der Strenge, die hier am ehesten als flach-strenge, trockene Eiche daherkommt.
Bei einem Wheat Whiskey drängt sich die Frage auf: Besteht geschmacklich deutliche Verwandschaft zu gängigen Wheated Bourbons? Antwort für den Bernheim: Ja. Weiche, süße Noten, gewollt flach gehalten das Ganze. Und auch eine Eichenwürze, die - mal mehr, mal weniger - vielen Wheated Bourbons nicht fremd ist.
Dennoch sträubt sich vor allem Kai vor einer “per se”-Empfehlung für Wheated Bourbon Fans, begründet dies damit, dass ihm selbst zwar viele Wheated Bourbons gefallen - einige sogar zu seinen Top Favoriten gehören - er mit Bernheim aber nicht warm wird: Als rein weich-flacher - und in den Kernnoten durchaus wohlschmeckender - Whiskey hätte der Bernheim für Kai absolutes Easy Sipping-Potenzial, "funktioniert" aber letztlich für ihn so nicht, da stört die streng-trockene Eiche. Und als würziger, voller Whiskey funktioniert er nicht, dafür ist die Würze zu wenig gehaltvoll, die Eiche zu streng und wenig vollmundig. So bleibt der Bernheim für Kai ein "schwieriger Kandidat".
Rolf - bekennender Fan von Wheated Bourbons - sieht's jedoch anders und ist vom Bernheim überzeugt: Das konsequent Weizen-weiche und Flache gefällt ihm, und die dazu kommende Eichenstrenge nimmt er dabei nicht als störend, sondern als interessanten Twist wahr.
Umso besser also, dass wir zwei Meinungen darstellen können. :-)
Einig sind wir uns darin, dass die in Deutschland gängigen Preise von 65€ aufwärts einer glatten Empfehlung im Wege stehen. Ebenso einig sind wir uns, dass er für die in den USA gängigen Preise von ca. 30$ ein stimmiger Kauf wäre (...Rolf: "Empfehlung!" Kai: "kein Fehler" ;-) ). Da stimmt sogar Kai zu, denn auch er kann dem Bernheim eine gewisse interessante Eigenartigkeit nicht absprechen.
Im Zuge des Tastings drängte sich ein Vergleich zu einem anderen, hierzulande zu deutlich besseren Preisen verfügbaren Wheat Whiskey auf: Dem Woodford Reserve Wheat! Das soll aber nicht Thema dieses Beitrags sein - einer zum Woodford Wheat wird separat erscheinen. Es sei nur erwähnt: Ein äußerst interessanter Vergleich! Ein paar Worte zum Bernheim Original werden also auch im Beitrag zum Woodford Reserve Wheat fallen. :-)
Wer mehr über den Bernheim Original erfahren möchte - etwa woher sein Name stammt - dem sei unser Video empfohlen: