Ja, auch in Amerika wird Single Malt gemacht. Seit kurzem haben wir dort die Kategorie "American Single Malt Whiskey", die wichtigsten Voraussetzung sind: - 100 % gemälzte Gerste - aus einer Destillerie - aus den USA
Der Westward wird auf Pot Stills gebrannt, es sei aber erwähnt, dass dies anders als in Schottland etwa keine zwingende Voraussetzung für den Begriff "American Single Malt" ist. Ebenfalls erwähnenswert ist die Reifung in frischer, ausgebrannter Weißeiche. Auch dies ist keine Bedingung für diese Whiskeykategorie und erinnert uns - natürlich - an Bourbon. ;-) Im Falle des Westwards werden leicht ausgebrannte Fässer dahergenommen. Eine Altersangabe hat er nicht, man sagt aber: Mindestens 3 Jahre. Er ist nicht gefärbt und nicht kühlgefiltert, doch auch hier sei erwähnt: Dies ist keine Bedingung, die bei der Kategorie "American Single Malt" bindend ist.
(Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass es ebenfalls die Kategorie "Malt Whiskey" in den USA gibt. Ein bekanntes Beispiel dafür ist der "Woodford Reserve Malt". Dabei ist ein Mindestgehalt von 51% gemälzter Gerste Bedingung.)
Nun aber zurück zum Westward. Wir nehmen uns die Standard-Abfüllung mit 45% Alkohol auf dem Tisch...
Nase: Fruchtig, würzig, reife Aprikose, Nelke, brauner Zucker. Mund: Süße Frucht, Malzbonbon, herb-bitter, Eiche, Schokolade, Vanille, Frucht, brauner Zucker, Malz, Backgewürze, Abgang: kurz bis mittellang, mit Malz, Würze, und einer Mund auskleidenden Fülle.
Ein Exot. Durchaus Elemente eines Bourbons, ebenfalls Elemente eines Malts, und am Ende natürlich ganz klar weder noch! ;-) Malerisch könnte man sagen eine "Brücke" zwischen Amerika und Schottland (oder Europa im Allgemeinen), dennoch ist er auch etwas völlig eigenes. Und unter'm Strich: Schmackhaft. Der Preis von 55 - 65 € geht im Anbetracht der Tatsche dass er ein gelungener Exot ist, noch in Ordnung.
Mehr zur Standard-Abfüllung von Westward - sowie einer weiteren äußerst interessanten Westward-Abfüllung - in unserem Video:
Nase: Sofort gibt es eine intensive Note in die Nase, die ich nicht einordnen kann. Mehr noch: ich weiß nicht einmal, was ich davon halten soll. Begeisterung sieht auf Anhieb jedenfalls anders aus. Ich versuche mich mal an einer Beschreibung: Holzleim triffe auf etwas pilziges und Rasendüngergranulat. Als Kontrast zu diesem extravaganten Muff gibt es etwas künstlich anmutende Zitronen und Orangenaromen. Als unschönen Begleiteffekt muss ich erstmals seit Jahrzehnten an Southern Comfort denken; ich schiebe diesen Gedanken aber prompt beiseite. Definitiv schwingen auch etwas Holzrauch und eine undefinierte Kräuter-Moosmischung mit, die in Richtung Nordic Cuisine geht. Wirklich steigern vermag das meine Lust aufs Probieren aber leider auch nicht.
Mund: Klar trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Meine Überzeugung, der Geschmack würde es im Vergleich zur Nase schon richten, schwindet binnen Bruchteilen von Sekunden. Schräge und wirklich nicht leckere bitter-herbe Kräuter treffen auf einen seltsam staubigen Getreidegeschmack, etwas künstlich Florales, das in Richtung Lavendel geht und etwas, was ich glücklicherweise bislang noch nie im Mund hatte. Ohne es zu wissen und überprüfen zu wollen, entspricht das in meiner Vorstellung dem Geschmack von Pinien-Citrus-Klosteinen. Etwas Pfeffer prickelt unterschwellig und ein Rauch, der mich an eine im Grill vergessene, abgeflammte Ananas erinnert, wabert durch den Mund, aber es hilft alles nichts mehr. Für mich ist der Moment gekommen, den Probierversuch abzubrechen.
Abgang: Das Finish ist mittellang und damit viel zu lang. Immerhin gewinnt der staubig-muffige Getreidegeschmack mit diesem seltsamen Rauchgeschmack die Oberhand. Das hätte defitiniv noch gruseliger ausfallen können. Ein schwacher Trost, aber ein Trost.
Charakter: Eine nordische Kräuter-Moosmischung trifft auf staubig-muffiges Getreide und völlig aus dem Rahmen gefallene künstliche Zitrus- und Blumenaromen, die sogar noch dem ungewöhnlichen Holzrauch mit seiner abgeflammten Ananas den Rang auf der Kuriositätenskala ablaufen. Positiv formuliert ein horizonterweiternder Tropfen mit Charakter und Wiedererkennungswert.
Bewertung: Dumm nur, dass er mir so gar nicht schmeckt. Da hilft der Wiedererkennungswert nur, um diesem Whisky künftig aus dem Weg zu gehen. Auf diesem schmalen Grat zur Vollkatastrophe gibt es von mir überschaubare 70 Punkte.