Nach 36 Jahren im Fass und 7 Jahren in der Flasche darf der gute Stoff nun endlich frische Luft atmen.
Es steigt sofort ein süß-saure Fruchtigkeit auf, Pfirsich mit Pflaumenmus, etwas Limette und Mango. Kaum Lackgeruch, angenehmer Alkohol. Vanilleschote, warme Gewürze ohne weihnachtlich zu wirken.
Schön ölig kommt der Tropfen auf der Zunge an. Kribbelt sehr angenehm, startet dann relativ dunkel und mineralisch. Geröstete Nüsse, Feigen, etwas Ingwerschärfe. Mitteldunkler Toast mit Erdnussbutter. Entwickelt sich dann in Richtung Pflaumenkompott mit Gewürznelken. Orangenschale, getrocknete Aprikose. Johannisbeersaft. Angenehm herbe Eiche zum Schluss.
Mittellanger Abgang mit sanfter Bitterkeit, keine Adstringenz. Nochmal Pfirsich, etwas Lakritz. Da überrascht nichts mehr, es bleibt bei dem Eindruck aus dem Mund.
Fazit: schöne Abfüllung. Das geht schon bei der opulenten Holzkiste los, darin das Heu, dass die Flasche vor dem Umherfliegen sichert. Der extra Korken zum Verschliessen, das kleine Kunstledersäckchen. Da wird mit viel Detailliebe gearbeitet, das setzt sich dann beim Armagnac an sich fort. Angebehme Dunkelfruchtigkeit mit Tenareze-Aromen, das alles ohne brachial oder ungehobelt zu wirken. Elegant ist allerdings auch anders! Für den damaligen Angebotspreis von weniger als 100 Euro würd ich den jederzeit wieder kaufen, auch wenn es etwas schade ist, dass die Flaschen bereits 2015 abgefüllt wurden und doch ein paar Jahre weniger Reife haben als man bei Millesime 1978 erwartet.
Nase: Der Ersteindruck ist fruchtig und würzig. Zwetschgen und Kirschen werden von Zimt, Rosmarin und getrockneten Lorbeerblättern begleitet. Während vordergründig reife Orangen changieren, schwingen unterschwellig süße Walderdbeeren und reife Pfirsiche mit. Getrocknete Datteln und immer mehr feuchter Waldboden kommen durch. Ich wähne ordentlich viel altes Eichenholz im Hintergrund. Etwas Lakritz und Anis steigern die Vorfreude aufs Probieren. Der Alkohol ist spürbar, aber recht gut eingebunden.
Mund: Vergleichsweise klar trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Die Datteln aus der Nase und Rosinen sind sofort da. Zeitgleich fluten mit Zimt verfeinerte Zwetschgen in den Mund und unmittelbar baut sich eine ordentliche Würzigkeit im Mund auf. Pfeffer, Ingwer, Anis und Orangenzesten hauen ziemlich auf die Pauke und lassen es für eine kurze Zeit hitzig im Mund zugehen. Im Hintergrund liegen süße Pfirsiche. Während die Gewürze abklingen, wandeln sich die Orangenzesten zu weichem Orangenöl. Die Fruchtigkeit rückt wieder stärker in den Vordergrund und das Eichenholz entwickelt sich. Fruchtig und holzig-trocken geht es zusammen mit ein paar Mandeln und einem kurzen Gedanken an zerkaute Weintraubenkerne ins Finish.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang. Die süßen Pfirsiche, Zwetschgen und Zimt sind durchgängig da, rücken aber zunehmends in den Hintergrund. Dafür dreht die Eiche nach hinten richtig auf. Mit Lorbeerblättern, Lakritz, Anis und Gewürznelken verfeinert, legt sich ein herber Holzgeschmack auf die Mundschleimhäute. Während er langsam austrocknet, gibt es noch einen Schluck kalten Espresso. Auch die Mandeln lassen sich nicht lumpen. Aus dem Hintergrund blitzen immer wieder die Zwetschgen und Pfirsiche durch. Langsam fällt der finale Vorhang.
Charakter: Ein von Zwetschgen, Gewürzen und herbem Eichenholz getragener Baron Gaston Legrand. In sich stimmig, intensiv und rustikal, ohne das Rad an einer Stelle zu überdrehen.
Bewertung: Dieses Dunkelfruchtprofil gefällt mir deutlich besser als der 1977er mit seinen dreckigen Campbeltown-Anleihen. Von mir gibt es rundum gute 90 Punkte.