Bas Armagnac Laberdolive 1976 Domaine de Jaurrey 44%
Geruch: Die typische herb-süße Laberdolive-Nase begrüßt mich. Pflaume, vollsüßer Pfirsich, Veilchen, Kräuter. Die Eiche folgt zart in der zweiten Welle dieses seidigen Arrangements. Hier haben wir, ähnlich wie beim 1979er, die blumigen Aromen in voller Blüte; heute melden sich auch in der Nase feine Tabaknoten. Alles zusammen ergibt mit der Pflaume und den elegant-erdigen Rancionoten ein Armagnac-Bouquet der Spitzenklasse.
Geschmack: Am Gaumen wird dieser Laberdolive wunderbar würzig, die Kräuter werden etwas intensiver und eine herrliche Tabaknote ergänzt die Pflaume und die Veilchennoten. Feiner Espresso. Dieser Laberdolive ist auch heute wieder ein wahrer Gaumenkönig!
Abgang: Sehr lang, warm, in Wellen kommend, nachhaltig. Diese herrliche zusätzliche Tabaknote bleibt auch im Abgang und unterlegt die süße Eiche, die Pflaume und die Kräuternoten. Der Espresso kehrt wieder und beträufelt das Pflaumenmus.
Fazit: Das ist nun wieder ein Laberdolive, der v.a. am Gaumen und im wellenlangen Abgang mit herrlichen rahmengebenden Espresso- und Tabaknoten begeistert. Schon wieder ein perfekter, unverkennbarer Laberdolive! Durchgehende 97 Punkte (97-97-97) sagen wieder: Spirithimmel. Klassik pur.
Nase: Beim ersten Hinriechen denke ich „wow, was für ein ausgewogenes Sherryprofil“. Dieser Laberdolive ist auf der feinen dunklen Seite zu verorten. Dicht verwoben ziehen reife Zwetschgen, dunkle Pflaumen und Zimt in die Nase. Ich muss an Zwetschgenkompott denken. Reife Brombeeren und Heidelbeeren fügen sich ein. Auch süß-saure dunkle Kirschen und dunkle reife Eintrauben lassen sich nicht lumpen. Hin und wieder blitzen rote Johannisbeeren durch. Alles zusammen ist auf fein-herber Schokolade gebettet und wird sanft von elegantem Eichenholz vom Typ Zigarrenkiste durchzogen. Im Hintergrund liegen vereinzelte Schalen reifer Orangen und Orangengelee. Etwas Pfeffer flankiert den feinen Eichenholzrauch und mit zunehmender Standzeit zeigen sich neben frischen Tabaksblättern auch immer mehr Fichtennadeln. Letztere wirken so, als wären sie in dunklen Waldblütenhonig versenkt. Eine dezent erdig-moosige Note komplettiert das hervorragende Gesamtbild. So stelle ich mir ein klassisches dunkelfruchtiges Armagnacprofil vor. Besser gesagt: genauso wünsche ich es mir. Der Alkohol ist perfekt eingebunden und obwohl ich am liebsten ewig lange an dem Glas riechen würde, wird es Zeit zu probieren.
Mund: Der Tropfen trifft ölig und zu meiner Überraschung mit einem leicht kühlenden, ätherischen Mundgefühl auf die Zunge. Nicht beißend, sondern mild hüllt eine Weihrauch-Zimtmischung die erwarteten Zwetschgen und dunklen Beeren ein. Im Unterschied zur Nase treten Kirschen spätestens jetzt in den Hintergrund. Die unheimlich schönen Zwetschgen, reife Brombeeren, Heidelbeeren, dunkle Weintrauben und rote Johannisbeeren bespielen gekonnt das Feld. Getrocknete Tabakblätter greifen den Weihrauch und den Zimt hervorragend auf und nach und nach entfaltet sich immer mehr Holzrauch im Mundraum. Da ist sie jetzt auch im Geschmack: die Zigarrenkiste. Im Übergang zum Finish offenbart sich zusätzlich zu dem Holzrauch ein leicht pilziger Waldboden. Ich erahne geschmacklich frische Steinpilze. Das Mundgefühl und die Intensität lassen keine Wünsche offen. Klasse.
Abgang: Das Finish ist lang und eine konsequente Fortsetzung des Geschmacks. Während die Zwetschgen und die anderen dunklen Früchte mit Nachdruck ausklingen, ziehen mich getrocknete Tabakblätter und das Eichenholz in ihren Bann. Zimt und herbe Kräuter kommen genau richtig dosiert daher und im letzten Drittel des Nachklangs arbeiten sich Gewürznelken und Veilchen durch. Ein Schuß Espresso setzt das finale i-Tüpfelchen, während ich genussvoll noch auf Woke Sieben sitze. Langsam fällt der finale Vorhang.
Charakter: Intensiv, vielschichtig und elegant. Dunkle Früchte spielen die Hauptrolle. Besonders die hervorragenden Zwetschgen werden mir noch lange in Erinnerung bleiben. Zusammen mit herber Schokolade treffen sie auf Weihrauch, Zimt, getrocknete Tabakblätter und hervorragendes altes Eichenholz. Leicht pilziger Waldboden sorgt für einen schönen zusätzlichen Spannungsbogen und zum Abschluß gibt es noch leckeren Espresso. Chapeau.
Bewertung: Der beste dunkelfruchtige Laberdolive, den ich bislang im Glas hatte. Der Holzeinfluss des 1946ers hat mich noch ein klitzekleines Bisschen mehr begeistert, aber was diese Abfüllung abliefert, ist auf einfach nur ganz großes Kino. Für mich eine Art Family Cask in der Armagnacwelt. Und zwar ein gutes von der alten Sherrybauart. Von mir gibt es dafür hochverdiente 94 Punkte.