Geruch: Auf den ersten Riecher unverkennbar ein "Sherrymonster-Edradour"! Leicht künstliche Gummisüße -- ein kleines Schlauchboot im See in der späten Nachmittagssonne, in dem sich vier sonnenmilchgetränkte Kinder tummeln --, Sherryaromen naturgemäß, eine gute Portion Menthol. Eine herbe Note mit Majoran und etwas feuchtem Fassholz. Die Verwandtschaft zum 2008er-Edradour von van Wees (WID:83779) ist wirklich unverkennbar. Nach sehr viel Zeit im offenen Glas melden sich noch etwas Kirsche und Pflaume. Man bekommt exakt das, was von diesen Edradour-Single-Cask-Sherrymonstern zu erwarten ist. Was beileibe nicht schlecht ist, wenn man's mag.
Geschmack: Ok, die 56,6% sind schon enorm präsent und hitzig. Dahinter verbirgt sich wieder die Edradour-Gummisüße. Auch für die Aromenentfaltung im Mundraum ist eine halbe Stunde des offenen Atmens im Glas ein Segen. Dann kommen auch die Sherry-, Kirsch- und Pflaumennoten durch. Mir kam der Alkohol im 2008er-van-Wees-Edradour etwas besser eingebunden vor. Jammern auf hohem Niveau. Die Fasswürze ist natürlich ebenfalls präsent, Majoran und Liebstöckl. Sherrymonster eben.
Abgang: Der mittellange Abgang ist erwartbar mindestens auf der würzigen Seite. Die Fasswürze wird von den sülichen Aromen gut eingefangen und von den Kräuternoten ergänzt. Man bekommt, was zu erwarten ist.
Mit etwas Wasser verliert der 2010er merklich an Hitze, wird runder, "freundlicher". Gleichwohl bleibt die Süße dominant, die Würzaromen treten etwas zurück. Insgesamt sehr gut mit Wasser auf den persönlichen Geschmack einstellbar!
Fazit: Man bekommt, was zu erwarten ist. Auch die aktuellen Sherrymonster der Marke Edradour von van Wees schmecken wie die Sherrymonster von vor zwei, drei Jahren. Der Erinnerung nach fand ich die achtjährige 2008er-Version (WID:83779) eine Spur harmonischer. Um nicht missverstanden zu werden: Das ist ein sehr guter Sherrymalt und wer die "Edradour-Süße" mag, wird auch diese Variante lieben. Für mich ein 90-Punkte-Spirit (91-90-89).
Nachdem ich bereits aus dem Off über diese Spezialität berichtet hatte, es allerdings auch schon eine Flaschenteilung hierzu gibt, lobe ich erstens den wie üblich lesenswerten, durchaus schillernden Bericht von @StyrianSpirit (oder sogar deren zwei heute! Heute im Glas ohne Wunder) und gebe zweitens gewisse Vaterschaften zu.
Ultimate liefert immer wieder positive Überraschungen, jung und preiswert, Eddis mag ich auch gerne, nur Sherry-Fässer nicht unbedingt (Bourbon Barrel is it).
Also ergab sich neben dringender externer Empfehlung eine Gemengelage, die mich interessierte und noch immer beschäftigt. Die hat Sty sehr fein zerlegt, nur in der - wie in der Base - sehr positiven Bewertung mag ich ihm nicht so ganz folgen. Jedenfalls, wenn man das aus dem Whiskyblickwinkel betrachtet (als Dessert allerdings unschlagbar).
Er (der Whisky) hat dabei Komponenten, die mich als Verehrer von off-note-artigen Anklängen beim Armagnac wie Leder, Erde, Wachs usw. neben der bombensicheren lieblichen Fruchtigkeit erheblich zu berühren vermögen und daher auch zu Vergleichen Anlass gab.
Mit anderen Worten (hier kurz und zackig für Leute wie @matts): er hat was!
@lamalou Ich bin da ganz bei Dir, dass der neue Bourbonfass-van-Wees eine gute Spur interessanter ist. Ich danke Dir übrigens sehr für die Möglichkeit des frühzeitigen Probierens! Ich denke, beide Großflaschen können den Weg in den Süden antreten …
Was mich beim heutigen Vergleich der Sherrybomben-Edradours echt überrascht hat, das war die im Vergleich sehr schön hervortretende Qualität des 2004 abgefüllten Casks 446! Den hatte ich wesentlich "schwefelig-wilder" in Erinnerung -- und was ist nun auf den letzten 20cl-Metern? Der zeigt plötzlich völlig neue, ungeahnte Qualitäten! Manchmal kann man sich auch selbst überraschen und man soll einen fassgelagerten Spirit nie zu früh abschreiben :-) Ich kenne allerdings jemanden, der war von der Qualität dieses Fasses von Anfang an nicht überrascht …
Vor allem die fassstarken van-Wees-Abfüllungen sind wirklich sehr gut und auch fair bepreist. Beim Cask 404 hab' ich tatsächlich sehr viel "Gummiente" und die von Dir beschriebene "liebliche Fruchtigkeit" versteckt sich bei mir hinter einer starken Hitzigkeit. Armagnacverwandte Aromen wie "Leder, Erde" und auch etwas Tabak(rauch) wiederum hab' ich eher beim älteren 446er-Cask. Dass das hierorts verhandelte Edradour-Entchen (v.a. mit ein paar Tropfen Wasser) aber ein hervorragender "Dessert-Malt" ist, das empfinde ich auch so. Der hat schon was