Meine Flasche hatte ich Ende 2021 gekauft, die ersten Gläser wurden im ersten Halbjahr getrunken. Zeit für ein Fazit. Ein rund 60 Jahre alter Cognac flößt ganz schön Respekt ein. Mir fehlt hier die altersgleiche Referenz.
Die Flasche sieht sympatisch unspektakulär aus, wenn auch das pseudo-handschriftliche Etikett ein wenig manieriert wirkt. Die ganze Präsentation fokussiert angenehm den Inhalt. Die Farbe des Cognacs ist ein tiefes braun, wie es eher beim Armagnac typisch ist oder vielleicht noch bei den Navarre-Abfüllungen.
In der Nase sanft, dunkle Früchte, eine schöne Balance zwischen Fruchtsäure und -süße. Rosinen spielen hier die tragende Rolle. Das leicht parfümige, oft weinige Aroma eines jüngeren Cognacs fehlt völlig. Das könnte ebenso ein Armagnac sein.
Im ersten Moment fehlen Kraft und Körper, erst nach und nach entfaltet der Peyrot sein Aromenspektrum, das die Aromen des Geruchs fortsetzt. Ich bin sofort bei älteren Blends wie dem Wemyss Velvet Fig – eine ähnliche Entwicklung und erstaunlicherweise ein vergleichbares Aromenbild am Gaumen. Dann füllt der Peyrot langsam den ganzen Mundraum aus und wirkt lange nach bevor er ohne jede Fehlnote ausklingt.
Für mich unerwartet, ein leiser und sanfter Cognac, der in meinem Spirituosenspektrum durchaus seinen Platz hat, einer für die Tage der leisen Genüsse.
@Mortlach19 Jetzt hast Du einen ersten Eindruck davon, was ich immer mit "Leisetretern" meine. Und mit "unparfümierten Cognacs" respektive "Cognacs ohne Orange". Persönlich finde ich sehr viel Gefallen an dieser Charakteristik. Exakt, wie Du es so schön sagst: "für die Tage der leisen Genüsse". Für mich muss eine Spirituose nicht immer mit der Tür ins Haus fallen. Über das grandiose PGV brauchen wir nicht zu reden.
Geruch: Der Cognac Peyrot Lot 59 empfängt den Liebhaber alter Cognacs mit wunderbaren Zimt- und Zigarrenkisten-Noten. Grundiert wird das Ganze von reifen Pflaumen und Schwarzbeeren auf dunkler Walderde. Aus der Ferne etwas Nelke. Feinstes poliertes Mahagoni- und Zedernholz. Öffnet sich mit der Zeit ganz wunderbar. Dieser Cognac-Stil führt unweigerlich in den Spirithimmel. Herrlich.
Geschmack: Auch auf den Gaumen kommt der Peyrot mit herrlichen Zimt-, Zigarrenkisten- und Tabaknoten, ergänzt um Schwarzbeermarmelade. Die 44,2% passen perfekt und entfalten fein-ölig die ganze alte Aromenpracht. Dieser Peyrot ist wunderbar intensiv, ohne je laut zu werden, und von nachhaltiger Feinheit getragen.
Abgang: Sehr fein, dieses Dunkelfruchtarrangement, gepaart mit den würzigen Edelholznoten, ergänzt um reife Schwarzbeeren und Pflaumen. All das ist auch im Abgang lang präsent.
Fazit: Ein durch und durch elegant-intensiver, feiner alter Cognac der Marke Tabak-Zigarrenkiste-Dunkelfrucht. Der Peyrot Lot 59 ist wirklich am Punkt in Sachen Stärke, Konsistenz, Frucht und Würze. Etwas Zeit braucht dieser alte Franzose, dann öffnet er sich auf wunderbare Weise. Dieser Cognac ist wirklich perfekt balanciert. Ergibt für mich ein spirithimmlisches 96.5-Punkte-Vergnügen (96.5-96.5-96). Ach ja, und ein Preis-Genuss-Weltmeister war dieser Spirit auch (etwa 60 naturbelassene Jahre für rund 120 Euro). Genießerherz, was willst Du mehr.
Nase: Ähnlichkeit zum Lot 60, auch wieder intensiv, Pflaumen eher als Trockenfrucht, ebenso auch Zimt, die Eiche wirkt ausgeprägter, insgesamt "dunkler", etwas Tabak. Aus dem leeren Glas strömt etwas Weihrauch ... und ein leichter Holzrauch.
Mund: Auch hier anfangs ähnlich dem Lot 60. Weich, samtig, Orange, mit zunehmender Dauer im Mund würziger und mit mehr Eiche. Altes Bücherregal.
Finish: Ebenfalls lange, wunderbar, mit würzig altem Holz, Zartbitterschokolade, starker Espresso.
Kommentar: Ebenso genial, auch hier mit kaum spürbarem Alkohol - wo sind die ca. 44% hin? 93 P.
Man merkt die starke Ähnlichkeit der beiden Jahrgänge, für mich sind nur wenige Unterschiede vorhanden, und das ganze auf höchstem Niveau!
Gott schütze uns vor Sturm und Wind, und Autos, die aus England sind.