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Der Einfluss verschiedener Lagerhaustypen und anderer Faktoren auf die Whiskylagerung

 

Bei der Lagerung und Reifung von Whisk(e)y hat eine Vielzahl von Faktoren einen mehr oder weniger großen Einfluss auf das entstehende Aromaprofil und den Angels‘ Share. Zu diesen Faktoren zählen unter anderem die Fassgrößen, die Daubendicke der Fässer, die Holzdichte und Eichenart, die Alkoholstärke, der Standort des Lagerhauses, die Bauform des Lagerhauses, die Belüftung des Lagerhauses, die örtlichen klimatischen Verhältnisse, die Temperaturschwankungen, der Luftdruck und einiges mehr. Hinzu kommt das Zusammenspiel und die Wechselwirkung dieser Faktoren untereinander.

Auf die wichtigsten Faktoren wird im Folgenden eingegangen.

 

Im Artikel Die Reifung von Whisky im Eichenfass oder der Irrtum über inaktive Fässer wurde bereits über den Einfluss des Fasses und dessen Nutzungsgrad bei der Lagerung näher berichtet. Das Fass spielt bei der Reifung eine Schlüsselrolle. Des Weiteren hat das lokale Umgebungsklima um das Lagerhaus und das Mikroklima innerhalb des Lagerhauses einen erheblichen Einfluss. Die Bauform des Lagerhauses spielt dabei eine eher untergeordnete Rolle. In dem Artikel Lagerhaustypen und ihre Entstehungsgeschichte kann man mehr über die Veränderungen der Lagermethoden und der Lagerhäuser erfahren.

 

Welche Faktoren spielen bei der Reifung von Whisk(e)y eine Rolle?

 

Die Fassgröße ist einer der wesentlichen Faktoren. Das Verhältnis von Fassoberfläche zum Inhalt beeinflusst die Geschwindigkeit der Reifung direkt. Auch die Bauform des Fasses (eher kompakt und bauchig oder lang und schmal) verändert dieses Verhältnis. Je mehr Holzoberfläche je Liter Inhalt vorhanden ist, desto schneller und mehr Aromen können an den Inhalt abgegeben werden – die additive Reifung beschleunigt sich. Gleichzeitig steigt über die proportional größere Oberfläche auch die Verdunstung und somit erhöht sich auch die subtraktive Reifung. Der Whisky in einem Butt braucht viel mehr Zeit, um denselben Reifeeinfluss zu erhalten, als der in einem Hogshead oder Barrel. Ein Octave reift schneller als ein Quarter Cask.

 

 

Verschiedene Fassgrößen


Ein weiterer Faktor ist die Daubendicke. Prinzipiell werden mit zunehmender Größe der Fässer auch dickere Dauben verwendet. Das ist aus Stabilitätsgründen erforderlich. Ältere Fässer besitzen jedoch deutlich dickere Dauben als neuere Fässer. Insbesondere in den USA ist die Stärke der Fassdauben deutlich reduziert worden. Das hat auch direkte Auswirkungen auf den Gebrauch der Fässer in anderen Ländern wie Schottland.


Wie weit das Alkohol/Wasser Gemisch in eine Daube eindringen kann, bevor es zu verdunsten beginnt, hängt unmittelbar mit der Stärke der Dauben zusammen. Der Verdunstungspunkt hängt weitgehend von den klimatischen Bedingungen um das Fass herum ab. Dadurch kann das Gemisch in eine dicke Daube tiefer eindringen, als in eine dünnere. Das Fass kann insgesamt länger genutzt werden. Das bedeutet, dass Fässer mit sehr dünnen Dauben keiner Verjüngungskur unterzogen werden können und somit einen deutlich kürzeren Lebenszyklus besitzen. Die immer stärkere Verwendung von solchen Fässern mit dünneren Dauben in Schottland hat wiederum zur Folge, dass der Holzcharakter und Tannine im schottischen Whisky weiter zunehmen.


Die Eichenart, beziehungsweise die Holzdichte spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Europäische Eiche (quercus rubor) und Amerikanische Weißeiche (quercus alba) unterscheiden sich in mehreren Eigenschaften voneinander. Die Europäische Eiche wächst langsamer und die einzelnen Zellen sind kleiner. Sie besitzt eine höhere Zell- beziehungsweise Holzdichte. Hierdurch bedingt dringt das Alkohol/Wasser Gemisch nur langsam tiefer ins Holz vor. Zudem besitzt sie mehr Tannine zum Schutz vor Fraßfeinden.


Die Amerikanische Weißeiche ist hingegen deutlich ärmer an Tanninen und besitzt durch ihr schnelleres Wachstum größere Zellen. Die Holzdichte ist niedriger. Durch die größeren Zellen sind die Dauben aus Amerikanische Weißeiche atmungsaktiver. Der Whisky reift schneller, ohne einen zu hohen Eintrag von Bitterstoffen.


Auch die Alkoholstärke des im Fass heranreifenden Whiskys hat einen Einfluss auf die Reifungsgeschwindigkeit. Zwar ist Alkohol ein außergewöhnlich gutes Lösungsmittel, aber nicht alle Inhaltsstoffe im Holz lassen sich damit gut aus den Dauben ausspülen. Einige Inhaltsstoffe werden von Wasser deutlich besser herausgelöst. Nicht immer hilft viel auch viel. Nicht umsonst werden frische Destillate zumeist mit nur 60% bis 65% Vol. in die Fässer gefüllt. Ist der Alkoholgehalt höher, verändert sich die Reifung. Das wird zum Teil gezielt genutzt. In Schottland wird in einigen Brennereien ein Teil des Destillates mit voller Stärke ins Fass gefüllt. Bei North British und Girvan geht ein Teil des zukünftigen Grain mit über 80% Vol. in die Fässer. Diese Fässer sind in der Regel für Blended Scotch bestimmt.


Einen sehr großen Einfluss auf die Reifung und Reifungsgeschwindigkeit hat der Standort des Lagerhauses. Genauer gesagt die örtlichen klimatischen Verhältnisse und damit verbunden die Temperaturschwankungen sowie der vorherrschende Luftdruck.

Dazu einige Beispiele: Steht das Lagerhaus am Meer oder einem großen und tiefen See, ist die Luftfeuchtigkeit vergleichsweise höher und konstanter als an anderen Standorten im Binnenland. Die Wassermassen des Meeres/Sees sorgen zusätzlich für geringere Temperaturschwankungen. Kühlere Sommer und mildere Winter sind die Folge. Der Whisky reift langsamer und gleichmäßiger. Zudem wird den Fässern durch die höhere Luftfeuchtigkeit mehr Alkohol als Wasser entzogen. Der Alkoholgehalt senkt sich tendenziell schneller ab und der Whisky wird milder.

 

 

Lagerhaus an der Küste

 

Seht das Lagerhaus weit weg von der Küste im Binnenland, verändern sich auch die klimatischen Verhältnisse deutlich. In Kentucky und Tennessee werden Temperaturschwankungen von Sommer auf Winter von mehr als 45° Celsius erreicht. Selbst die Temperaturschwankungen über einen Tag können über 25° liegen. Das lässt den Inhalt des Fasses täglich allein aufgrund der Ausdehnung bei der Temperatursteigerung zunehmen und beim Abkühlen wieder abnehmen. Beträgt diese Volumenänderung nur 2%, sind das bei einem Barrel schon mehr als 3,5 Liter. Der Inhalt arbeitet bei solchen Temperaturschwankungen regelrecht im Fass. Allein das beschleunigt die Reifung deutlich.


In den Lagerhäusern werden im Sommer an einigen Stellen Temperaturen von über 45° Celsius und mehr erreicht. Die große Hitze und die vergleichsweise trockene Luft führen zusätzlich dazu, dass insbesondere die Fässer in den oberen Ebenen der Lagerhäuser mehr Wasser als Alkohol verlieren. Der Alkoholgehalt in diesen Fässern nimmt langsam zu, zum Teil deutlich! Laut Gesetz darf ein zukünftiger Straight Bourbon mit maximal 62,5% Vol. ins Fass gefüllt werden. Der William Larue Weller Barrel Proof Limited Edition 2014 hat sie mit bescheidenen 70,1% (140.2 proof) wieder verlassen.

 

 

Lagerhaus in der USA

 

Reifen die Fässer in einem Lagerhaus in großer Höhe, wie den Alpen oder in Colorado, wirkt sich insbesondere der deutlich niedrigere Luftdruck aus. Sowohl der Siedepunkt von Wasser, als auch der von Alkohol sinken. Das hat zur Folge, dass die Verdunstung selbst bei niedrigeren Temperaturen ansteigt. Die subtraktive Reifung beschleunigt sich. Der Angel's Share liegt in der Alpenregion bei um die 6% im Jahr, in Schottland bei 1,5% bis 2%.


In den Tropen/Subtropen wie Indien und Taiwan beschleunigen die klimatischen Bedingungen die Reifung enorm. Kühle Winter gibt es nicht. Dafür über das ganze Jahr Durchschnittstemperaturen von zum Teil deutlich über 30° Celsius. Hinzu kommt oft eine hohe Luftfeuchtigkeit. Insbesondere die hohen Temperaturen erhöhen den Angel's Share auf rund 12%, zum Teil auf 15% und mehr. Die additive Reifung nimmt stark zu. Die subtraktive Reifung kann da nur selten mithalten.


Die hohe Luftfeuchtigkeit ist aber selten über das Jahr konstant. In der Regenzeit ist sie sehr hoch, nahe der Sättigungsgrenze. In diesem Zeitraum verliert das Fass mehr Alkohol als Wasser. Außerhalb der Regenzeit kann sich das umdrehen und es verdunstet mehr Wasser als Alkohol. Ob sich der Alkoholgehalt im Fass erhöht oder nicht, hängt also auch von der Länge und Intensität der Regenzeit ab.

 

Die Bauform oder der Typ des Lagerhauses spielen eher eine untergeordnete Rolle. Es gibt eine kleine Ausnahme: Eingeschossige Dunnage Warehouses, die vor 1915 entstanden sind. Diese zeichnen sich durch ihre dicken Außenwände aus Naturstein und dem offenen Erdboden aus. Hierdurch entsteht ein vergleichsweise konstantes kühles und feuchtes Mikroklima im Lagerhaus. Dieses ist ähnlich wie das von Lagerhäusern an der Küste. Diese Lagerhäuser werden aber nur noch sehr selten genutzt.


Alle neuen Lagerhäuser, die (insbesondere in Schottland und Irland) nach 1945 errichte wurden, ähneln sich in der Konstruktion und unterscheiden sich in ihrem Einflusses auf die Reifung des Whiskys nur wenig. Es handelt sich in den meisten Fällen um einfache Hallen, mit oder ohne Einbauten wie Lagerregale. Seit 1975 sind es nahezu ausschließlich Stahlskeletbauten mit einer Haut aus Blech. Die feinen Unterschiede ergeben sich eher über die Dichte der Belegung und die Höhe des Gebäudes. Hierdurch entstehen innerhalb des Lagerhauses unterschiedliche Klimazonen, die einen größeren Einfluss haben, als das Gebäude selber. Aber auch das ist stärker vom Standort abhängig, als vom Bautyp.

 

 

modernes Lagerhaus

 

Das sich aus den unterschiedlichen Klimazonen innerhalb des Lagerhauses ergebene Mikroklima ist jedoch eine genauere Betrachtung wert. Alle Lagerhäuser werden natürlich belüftet. Die Zuluft erfolgt durch Öffnungen in Bodennähe, die Entlüftung über Öffnungsschlitze in den Dächern. Das ist alleine aus Brandschutzgründen notwendig.


Durch diese natürliche Belüftung bildet sich in den Hallen eine Temperaturschichtung aus: kühl und leicht feucht am Boden, warm bis heiß und trocken in den oberen Teilen des Lagerhauses. Dabei ist die Höhe des Gebäudes eher zweitrangig. Auch in Dunnage Warehouses bildet sich eine solche Luftschichtung aus.Es ist also eher entscheidend, wo ein Fass genau liegt oder steht. Unten und (teilweise) dicht an der Außenwand ist es eher kühl. Zur Mitte des Lagerhauses wird es etwas wärmer und trockener. In den oberen Lagen kann es selbst in Schottland recht warm werden und es ist zunehmend trockener.


Selbst innerhalb eines Lagerhauses kommt es nicht selten vor, das Fässer schneller an Inhalt verlieren, als andere. Genauso können in Kentucky im selben Lagerhaus Fässer im Alkoholgehalt absinken, während andere ansteigen.

 

Ein weiterer Faktor, der die Ausbildung der unterschiedlichen Klimazonen innerhalb des Lagerhauses beeinflusst, ist die Belegungsdichte. Durch Lagerregale ist die Belegungsdichte im Bezug zum Raumvolumen geringer, als bei aufeinander gestapelten Fässern. Am höchsten ist diese Dichte in der Palettenlagerung. Hierdurch bildet sich (vor allem im Inneren eines aufgeschichteten Palettenblocks) um die Fässer eine besondere Klimazone aus. In dieser ist die Feuchtigkeit und der Alkoholgehalt leicht erhöht. Hierdurch reduziert sich die Verdunstung geringfügig.


Zudem ist der Holzkontakt in einem Stehenden Fass über die Lagerzeit höher, als bei einem liegenden Fass. Hierdurch erhöht sich die additive Reifung. Bei der Lagerung in Regalen kann das durch ein ständiges umlagern/seitwärts Rollen der Fässer ebenfalls erreicht werden. Ein Lagerhausmanagement kann gezielt eingesetzt werden.

 

All diese Einzelfaktoren wirken aber nicht alleine. Vielmehr treten sie in Kombination auf und entwickeln zum Teil Wechselwirkungen untereinander. Hierdurch wird es schwieriger, genaue Vorhersagen zu treffen, wie ein Fass genau heranreifen wird. Es ist jedoch möglich, bestimmte Faktoren gezielt zu kombinieren und so die Reifung in eine bestimmte Richtung zu lenken.


Wird jetzt noch die Vorbelegung und der Nutzungsgrad der Fässer (First Fill / Refill / Rejuvenation) berücksichtigt, ist das Ergebnis allein durch Erfahrungswerte ausreichend gut berechenbar. Es kann allein durch die Reifung eine große Bandbreite an unterschiedlichen Charakteren erzeugt werden.

 

Autor: Eagle Eye

 








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