Glenfarclas The Family Casks 1993/2021 S21 Cask 4669 (WID 191998)
Farbe: Yellow gold
Nase: Auf Anhieb ziehen leicht grasig wirkende helle, grüne Früchte sowie Malz- und Getreidenoten in die Nase. Überraschend viele Zitrusfrüchte ziehen etwas in der Nase. Neben vielen Zitronen gibt es Grapefruit und Limetten. Zusammen mit grünen Äpfeln und etwas blass wirkenden Birnen bilden sie die Hauptlebenslinie der Nase. Im Hintergrund liegt ein trockenes Leinentuch und während ich vergeblich auf weitere Nuancen warte, stechen neben Zitronenschalenabrieb zunehmend auch frische Minze und Ingwer in der Nase. Eine ähnlich unausgewogene und flache Nase hatte ich bis einem Family Cask bis dato noch nicht. Selbst die Zugabe von Wasser ändert daran nichts. Die eine oder andere Spitze stumpft zwar etwas ab und es kommt mehr süßliches Malz durch, aber grundlegend besser wird der Gesamteindruck nicht.
Mund: Nach der ruppigen Nase trifft der mit einem halben Teelöffel Wasser auf gute 2cl verdünnte Tropfen überraschend weich und ölig auf die Zunge. Süßliches Malz und helle Früchte spülen in den Mund. Grüne Äpfel und Birnen treffen auf Honigmelone. Auch geschmacklich schwingt etwas grasiges mit: Zitronengras trifft es am besten. Weißer Pfeffer wandelt sich zu schwarzem Pfeffer und beißt zusammen mit Ingwer gehörig in die Zunge. Während ich gespannt auf das Eichenholz warte, übernehmen auf die Schnelle nicht einzeln greifbare bittere Kräuter das Kommando und ganz unverhofft finde ich mich bereits im Finish wieder. Die nachfolgenden Schlucke bestätigen die vergleichsweise kurze Geschmacksentwicklung. Die bitteren Kräuter wirken zwischenzeitlich zwar etwas weniger dominant, was dem Malz und der grünen Apfel-Birnen-Mischung zugute kommt, aber wirklich viel mehr kommt nicht zum Vorschein. Selbst der Zugang zum Eichenholz bleibt auf eine eigentümliche Weise versperrt.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang, wobei sich letzteres nur auf die Bitterkeit bezieht. Anfänglich sind die grünen Äpfel, die Birnen und auch die Honigmelone noch präsent. Zusammen mit süßlichem Malz bieten sie den bitteren Kräutern anfänglich noch die Stirn, gehen dann aber vergleichsweise schnell unter. Dafür spült umso mehr Pampelmusensaft in den Mund. Er schraubt die Bitterkeit in die Höhe. Die Eiche erinnert eher an frische grüne Zweige und herben Baumsaft denn an eine gediegenes Holzbrett. Ich kann von Glück sagen, dass ich Pampelmusen mag und mich Bitterkeit nicht schreckt, aber wirklich harmonisch ist das alles irgendwie nicht.
Charakter: Unausgewogen, flach und bitter-sweet. Mit eindeutiger Betonung auf bitter. Außer grünen Äpfeln, Birnen und etwas Honigmelone kommt an Früchten nicht wirklich viel an. Die vielen Zitronen und Pampelmusen mal ausgenommen. Diese werden noch von Zitronenschalenabrieb, Zitronengras und bitteren Kräutern befeuert und dominieren schlußendlich auch das zaghafte süßliche Malz. Und die Eiche kapituliert ein stückweit vor der holprigen Gesamtkomposition.
Bewertung: Enttäuschend. Wie kann so etwas als Family Cask abgefült werden? Obwohl frei von Fehlnoten und trotz meiner hohen Bitterkeitstoleranz gibt es von mir für diese unwürdige Vorstellung schon aus Prinzip nicht mehr als 79 Punkte. Denn 80 Punkte nach meinem Bewertungsschema würden fälschlicherweise suggerieren, dass ich diese Abfüllung möglicherweise irgendwann mal wieder im Glas haben könnte.
Zum Glück hatte ich mich für diese Abfüllung nicht interessiert. Allerdings gab es in den letzten Jahren (zum Glück nur) vereinzelt schon große Enttäuschungen bei Family Casks. Man kann sich scheinbar nicht mehr auf einen gewissen Mindestqualitätsstandard bei Glenfarclas verlassen. Im Zweifel verkaufen die auch die letzte Plörre. Und das schreibe ich als begeisterter Fan vieler Abfüllungen dieser Destillerie. Nur liegen Licht und Schatten oft dicht beieinander. Glenfarclas FC 2001/S20 (Cask 3384) 78P hätte man m. E. auch nicht abfüllen dürfen. https://www.whiskybase.com/whiskies/whis...lenfarclas-2001