Aroma: Auf Anhieb sehr weinig. Süßes Gerstenmalz und Brotteig treffen reife, dunkele Sauerkirschen. Der Alkohol ist gut eingebunden. Obwohl der Amarone unter den drei neuen 5Y-Abfüllungen die höchste Alkoholstärke aufweist, ist seine Nase am wenigsten stechend und von der ersten Minute an sehr angenehm. Die Fruchtnoten erinnern mich an Weintrauben, säuerliche Birnen und Limetten. Mit der Zeit zunehmend nussig und auch leicht cremig. Den Holzrauch nehme ich nur hintergründig wahr. Ein paar Tropfen Wasser zaubern Vollmilchschokolade in die Nase.
Geschmack: Der samtige Antritt geht schnell in einen würzigen Geschmack über. Der schokoladig-nussige Grundgeschmack wird zunächst von einer ordentlichen Prise Pfeffer und Ingwer und von deutlicher Eiche überlagert. Mit der Zeit kommt er aber zunehmend zur Geltung - begleitet von Weintrauben und Kirschen: der Geschmack wird süßer und herber zugleich.
Nachklang: Das Finish ist mittellang bis lang und trocken: Süße Trauben weichen quasi sofort leicht salziger Vollmilchschokolade, Mandeln und Eiche. Zum Abschluss bleibt ein sehr präsenter Nachgeschmack von zerkauten Weintraubenkernen. Obwohl ich Weintraubenkerne an sich nicht wirklich gerne esse, gefällt mir dieser Nachgeschmack in Kombination mit der trockenen Eiche und hintergründigen Schokolade.
Fazit: Bei der Künstler-Serie habe ich ein wenig Intensität vermisst. Die drei neuen 5Y-Abfüllungen 2011-2017 hingegen sind mir fast schon ein wenig zu "bissig". Alle drei (Rivesaltes, Banyuls, Amarone) brauchen viel Zeit im Glas, um ihr volles Aroma zu entfalten und um ein wenig "runder" zu werden. Mit ein bisschen Wasser verdünnt, haben mir alle drei Abfüllungen besser gefallen als pur: der Rivesaltes verträgt mit 1-2 Teelöffeln pro Dram am meisten und der Amarone braucht mit 0-0,5 Teelöffel pro Dram am wenigsten Wasser.
Der 5Y Amarone überzeugt auf Anhieb mit seiner schönen Nase. Er ist zwar kein Komplexitätsmonster und reicht auch nicht ganz an die hervorragende Amarone-Abfüllung für die Werdorfer Whiskynacht heran. In der Gesamtschau ist er aber wirklich gut gelungen und vor allem gefährlich gut trinkbar. Das sehr trockene Finish gefällt mir als Kontrast zu dem süßen Grundcharakter sehr gut. Im Direktvergleich der drei neuen 5Y-Abfüllungen belegt der 5Y Amarone Platz 1 und bekommt von mir satte 88 Punkte.