Caol Ila 2012/2022 MoS Sherry Hogshead 22033 (WID 234486)
Farbe: Chestnutoloroso Sherry
Nase: Auf Anhieb gibt es einen satten maritimen Torfrauch in die Nase. Für einen Moment muss ich an frische Muscheln und Austern denken. Dazu gibt es geröstete Nüsse, Feigen, Kirschen und Rosinen. Der Alkohol ist bemerkenswert gut eingebunden. Die Früchte, Nüsse und Torfrauch changieren lebendig im Glas. Hier kommt keine Langeweile auf. Etwas Asche gesellt sich zum Rauch und irgendwie schießt für Sekundenbruchteile erneut der Gedanke an schwelendes Gummi durch den Kopf. Schokolade und Toffee gesellen sich hinzu und umschmeicheln die Fruchtsüße. Bemerkenswert finde ich die vielen reifen Süßkirschen. Durch sie kratzt das Geruchsprofil für mich fast schon an dem einer Ex-Rotweinreifung. Gut gefällt mir, dass etwas Limettensaft die maritime Note untermalt. Gekonnt sorgt er dafür, dass es nicht allzu süß im Glas zugeht.
Mund: Der Antritt ist ölig und äußerst intensiv. Wieder so ein Kandidat, der mir unverdünnt etwas zu arg mit der Tür ins Haus fällt. Unmittelbar ziehen dicke Torfrauchschwaden in den Mund. Zeitgleich gibt es Muscheln und Algen und einen Gummischwelbrand. Ordentlich viel süßlich-herber Kakao komplettiert die illustre Mischung. Beim ersten unverdünnten Schluck türmt sich gewaltig viel Pfeffer auf. Mit etwas Wasser und nach dem ersten Punch legt sich das ein wenig. Dennoch bleibt es äußerst intensiv. Reife dunkle Kirschen, rote Johannisbeeren und Zitronen sorgen für eine Menge Fruchtsäure und kontern den gekonnt die würzige Torfrauch-Kakaomischung. Der rustikale Geschmack wird mit Thymian und etwas Anis grob abgeschmeckt und nach und nach arbeitet sich immer mehr nass wirkendes intensives Eichenholz durch.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang und erinnert wie auch der Geschmack stark an eine Ex-Rotwein-Abfüllung. Der Gummischwelbrand tritt recht schnell zugunsten eines nach wie vor sehr intensiven maritim-aschigen Torfgeschmacks in den Hintergrund. Nasses grobes Eichenholz, Kakao und Kirschsaft tragen wenig überraschend auch das Finish. Zum Schluss trocknet das Holz etwas aus. Eine angenehme holzige Bitterkeit läuft der Fruchtsäure und der herben Kakaosüße langsam aber sicher den Rang ab. Mir gefällt das.
Charakter: Eine intensive fassdominierte Abfüllung mit einem für Caol Ila-Verhältnisse sehr intensiven und brachialen Torfgeschmack. Algen und Muscheln treffen zwischenzeitlich auf einen kleinen Gummischwelbrand. Nicht minder intensiv sind der süß-saure Kirschsaft und der süß-herbe Kakao. Hier werden keine Zwischentöne gespielt. Alles zusammen auf einem nassen rustikalen Eichenbrett serviert, hätte mich blind auf eine kräftige Ex-Rotwein-Abfüllung tippen lassen.
Bewertung: Ein schönes rustikales und intensives Caol Ila-Trinkerlebnis, das ich bei guten 87 Punkten verorte. Gut trinkbar, aber wegen der Häufigkeit dieses Profils brauche ich keine Großflasche von genau dieser Abfüllung.