Nase Direkt steht eine schöne Pot-Still-Gewürzmischung im Glas. Dabei muss sich nichts zuerst einmal herauskristallisieren, dieser Powers ist sofort ‚da‘. Ich muss mich - nach drei Minuten des Verriechens - korrigieren: eine sehr schöne Pot-Still-Gewürzmischung. Thymian, Majoran, Estragon, Kerbel, Pfeffer, Kurkuma, Currygewürz. Fantastisch. Dazu reife Bananen, Pfirsichkuchen, Honigmelone, etwas Mango. Eine Tropi-Frutti-Bombe ist er nicht; es würde aber auch überhaupt nicht zu ihm passen. Die Nase ist so wunderbar gewürz-intensiv, ohne aber damit zu überfordern. 91
Geschmack Kräftiger Antritt, direkt mit einer herben Holznote unterwegs, die nur leicht von mit und mit aufkommenden, nicht so durchdringend wie in der Nase durchkommenden Fruchtnoten abgefedert wird. Die Pot-Still-Gewürzmischung scheint sich ebenso wie die Früchte ein stückweit in der Nase verausgabt zu haben, denn beides findet sich am Gaumen in nun leicht abgeschwächter Form ein. Aber dennoch: die Gewürze (Majoran, Kerbel, Pfeffer, Kurkuma) interagieren mit den Fruchtaromen (Pflaumen, Sultaninen, getrocknete Aprikosen, Kirschen) aufs Feinste - und Nougatschokolade, Toffee, Karamellbonbon und Espresso sorgen für einen mehr als adäquaten Unterbau. 88
Abgang Im mittellangen und nun deutlich trockenen Abgang klingen Gewürze und Fruchtaromen langsam ab, man hat also mehr als genug Zeit, den leckeren Aromen hinterherzuschmecken. Nougatschokolade, Toffee und Karamell sind noch immer präsent. Nachdem er auf der Zunge schon zu Beginn mit einer herben Holznote aufwartete, ging ich davon aus, dass sich diese Note zum Ende hin weiter intensivieren würde. Aber nein, im Gegenteil. Die anfänglich herben Noten bauen sich langsam aber stetig ab. Nun ist er zwar sehr trocken, aber auf der Zunge liegen nach wie vor getrocknete Aprikosen und Rosinen, so dass er süßlich-herb abklingt. 88
Fazit Man kann das wahrscheinlich nicht nachvollziehen, wenn man irischen Whiskey im Allgemeinen und Single Pot Still Irish Whiskey im Speziellen in seinem Whisky-Programm nur unter ferner liefen führt (analog zur Programmierung der TV-Kanäle: irgendwas ab Kanal 50), aber die Tatsache, dass es nun eine fassstarke Ausgabe des Powers John‘s Lane 12 gibt, zusammengenommen mit der Tatsache, dass dies offensichtlich keine Ausnahmeerscheinung bleiben wird, da auf dem Frontlabel klar sichtbar und unmissverständlich „Batch No. 001“ gedruckt zu finden ist, kann einem glühenden Freund dieser Whiskey-Kategorie durchaus das ein oder andere metaphorische Freundentränchen abnötigen. Mehr oder weniger 12 Jahre, nachdem Midleton im Jahr 2011 die Standard-Ausgabe des Powers John‘s Lane 12 herausbrachte, hat nun neben Redbreast und den Spots auch die dritte Single Pot Still-Linie von Midleton ihre fassstarke Abfüllung. Bernsteinbarbene Zeiten für SPS-Freunde. Schwer darum bemüht, die Beurteilung dieses Whiskeys durch eventuell aufgekommene Tränenschleier nicht eintrüben zu lassen: Die hohe Alkoholstärke scheint mit dem Ausgangsprodukt etwas zu machen, denn im Vergleich zum John‘s Lane 12 in der aktuellen Standard-Ausführung ist er in der Nase wesentlich würziger. Es ist noch gar nicht so lange her, dass ich eine 2021er Ausgabe des Standards eine ganze Flasche lang immer mal wieder im Glas hatte, bei dem ich eine im Vergleich zu früheren Abfüllungen geringere Würze und einen signifikant höheren Fruchtanteil feststellen konnte. Hier ist dies nicht der Fall. Auf der Zunge bietet sich ein abwechslungsreiches Wechselspiel von Frucht und Würze, der Abgang fällt nicht zu knapp aus und passt damit perfekt zum Rest. Kurz gesagt: ein toller und sehr vielversprechender Auftakt einer hoffentlich langen Reihe von fassstarken Batches des Powers John‘s Lane 12.