Nase: Der Ersteindruck ist überraschend komplex und filigran. Vermutlich tragen auch die 43% Vol. zu der eher milden, elegant wirkenden Nase bei. Der Alkohol ist jedenfalls perfekt eingebunden. Hier sticht nichts in der Nase. Zitronenzesten treffen auf feine Malzaromen und einen eleganten Torfrauch. Letzterer ist durchweg präsent, nimmt sich aber vornehm zurück und lässt den zahlreichen anderen Aromen ihren Platz. Hintergründig schwingt leckeres Karamell mit. Ich fühle mich an Fudge erinnert. Immer wieder blitzen Schalen frisch geschälter Granny Smiths durch. Leicht grasig wirkend und begleitet von feinen Kräuteraromen. Zitronenthymian trifft auf einen Hauch Anis. Ein bisschen Leder ist auch mit von der Partie. Alle Aromen spielen harmonisch auf Augenhöhe zusammen und eine frische Meeresbrise sorgt immer wieder für ein schönes, lebhaftes Changieren in der Nase. Eine schöne, ausgewogene, komplexe und elegante Nase.
Mund: Klar und mild trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Zitronen und Limettenschalen treffen auf herbe Cerealien und vermengen sich mit etwas Torfrauch. Zeitgleich baut sich eine schöne Würze auf. Pfeffer kommt deutlich durch und sorgt für ein leichtes Kribbeln im Mund. Hintergründig gibt es helle Früchte. Ich kann sie nicht wirklich im einzelnen benennen, aber wieder sind Äpfel mit dabei. Eine Spur Honig schwingt mit und mit ein wenig Phantasie zeigt sich ganz leicht etwas Vanille. Die ist aber kaum der Rede wert. Im Unterschied zur Eiche, die jetzt mehr und mehr Eiche durchkommt und zusammen mit Mandeln für einen leicht bitteren Geschmack im Übergang zum Finish sorgt. In der Gesamtschau ist der Geschmack weniger komplex, als es die Nase verspricht. Der Körper ist grenzwertig und könnte etwas kraftvoller sein. Dennoch irgendwie fein und lecker.
Abgang: Das Finish ist mittellang. Eichenholz, Mandeln und frische Meeresgischt werden von einem eleganten Torfrauch begleitet, der an Holzkohle erinnert. Dem Rauch und der Kohle zum Trotz wirkt das Finish insgesamt aber eher leicht und holzig denn schwer und torfig. Genussvoll klingt der Tropfen ohne weitere Überraschungen aus.
Charakter: Ein höflicher Leisetreter, dem es nicht an Charakter aber leider etwas an Körper mangelt. Die Nase ist vielversprechend harmonisch und komplex. Geschmacklich sorgen Zitrusfrüchte, Getreide, Torfrauch und Malz für einen leckeren, aber auch nicht übermäßig spektakulären Trinkgenuss. Eine gewisse hölzerne Bitterkeit durchzieht das stimmige Finish.
Bewertung: Die Nase ist wirklich schön und verspricht großes Kino. Was dann folgt, ist zwar lecker; entstammt aber nicht der Kategorie „atemberaubend“. Ein rundum schöner Ardbeg, dem geschmacklich 46% Vol. nicht geschadet hätten. Elegant, harmonisch und eher von der leichten Sorte. Durchweg torfig aber weit entfernt von dichten, aschegeschwängerten Rauchschwaden. Die herrliche Nase hieft den Tropfen in der Gesamtwertung auf leckere 90 Punkte.