Bunnahabhain 1965/2010 45y TWA Private Stock (WID 19434)
Farbe: Old gold
Nase: Auf Anhieb zieht ein Potpourri heller und exotischer Früchte in die Nase. Begleitet von Honig und Bienenwachs. Hier liegt wirklich etwas Feines und Komplexes im Glas. Reife Zitronen und Limetten begleiten gekonnt und zurücknehmend einen bemerkenswert schön verwobenen Obstkorb. Maracuja, Ananas, Banane, Kiwi Gold und Aprikosen setzen den Grundton. Litschie, gelbe Äpfel, Birnen und reife Mandarinen fügen sich harmonisch ein und ich habe den Eindruck, dass ich hier noch stundenlang neue feine Nuancen entdecken kann. Zwischendurch muss ich sogar an reife Drachen- und Kaktusfrüchte denken. Feines Leder liegt im Hintergrund und irgendwie schwingt auch ein hauch frischer Tabak mit. Unterschwellig bindet das Eichenholz zusammen mit ein bisschen Vanille alle Komponenten hervorragend zusammen. Der Gesamteindruck ist ausgesprochen harmonisch und gesetzt-elegant. Old-Bottle-Flavour? Ja, bei alledem auch spürbar, aber gerade schwer zu beschreiben. Tendenz staubig und mit einem Brückschlag zum Bienenwachs. Egal. Eine hervorragende Nase. Ich mag gar nicht mehr aufhören zu riechen.
Mund: Weich und elegant trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Er präsentiert sich überraschend zurückhaltend und mit etwas arg wenig Spannung. Positiv formuliert ruht er sant im Mund. Getreide, Malz, weiche Vanille und etwas Karamell machen bilden die Hauptlebenslinie des Geschmacks. Die schönen Früchte aus der Nase wirken im Vergleich zur Nase stark herunterreguliert. Leider. Birnen, Pfirsiche und Aprikosen sind sehr zurückhaltend und mild am Werk. Immer wieder setzt sich die weiche Vanille in den Vordergrund. Hin und wieder blitzt ein Spritzer Zitronensaft durch und langsam entfaltet das alte, etwas müde wirkende Eichenholz eine wohltuende Restwürze. Ein bisschen Pfeffer kommt durch. Bei alledem durchzieht zunehmends ein floraler Geschmack die Gemengelage. Da sich parallal Liebstöckel und etwas Minze in den Vordergrund schieben, kann ich ihn aber nur schwer greifen. Es wirkt wie eine Mischung aus Veilchen und Lindenblüten.
Abgang: Das Finish ist mittellang und eine konsequente Fortsetzung des Geschmacks. Alle Komponenten des Geschmacks klingen in sich stimmig aus. Hinten raus gewinnen zunehmends das Eichenholz, die herben Kräuternoten und Pink Grapefruit die Oberhand. Nicht, weil sie absolut gesehen stärker werden, sondern schlichtweg weil die anderen Geschmäcker etwas schneller verblassen. Eine süßlich-florale Note, die Anklänge von Himbeeren hat, hält sich bis ganz zum Schluß und sorgt somit noch für eine kleine angenehme Überraschung.
Charakter: Alt, gediegen und facettenreich. Die komplexe fruchtige Nase ist ein Traum. Der Geschmack und Finish fallen auf hohem Niveau etwas ab. Zwar kommt das Destillat geschmacklich gut zur Geltung, aber ein bisschen intensiver hätten sich die herrlichen Früchte aus der Nase gerne halten können. Auch das Mundgefühl kratzt für einen Bruchteil einer Sekunde an der Grenze zur Langeweile. Es bekommt schließlich aber noch die Kurve. Nach dem Obstkorb aus der Nase, gibt es geschmacklich Vanille, Eichenholz und herbe Kräuter und im finalen Abgang Pink Grapefruit und einen interessanten floralen Abschiedsgruß.
Bewertung: Dank der schönen Nase gibt es in der Gesamtschau leckere 90 Punkte. Tendenz 91. Geschmacklich habe ich den Eindruck, dass man diesen Tropfen auch gerne mit 30 Jahren hätte abfüllen können. Dann wäre es geschmacklich womöglich noch etwas fruchtiger und lebendiger zugegangen. Aber das ist natürlich reine Spekulation. Und eine schöne Abfüllung ist das hier allemal.