Nase: Süße und gleichermaßen frische Sherryaromen strömen in die Nase. Sofort ist ein weniger Unterton präsent. Saftige Rosinen treffen auf Datteln, Trockenfeigen und eine bunte Mischung süßer Beeren. Walderdbeeren, Heidelbeeren und überreife Stachelbeeren. Hintergründig schwingen kandierte Orangen mit und über allem liegt tatsächlich ein Hauch von Spekulatius. Es sei denn, mein Unterbewusstsein spielt mir einen Streich. Etwas Zimt und Kardamom sind auf jeden Fall mit dabei. Wegen der kandierten Fruchtaromen denke ich zunächst an englischen Früchtekuchen denken. Alles wirkt sanft und frisch von Orangeat durchzogen. Eine andere Erinnerung jagt hinterher. Ich muss an die längst verdrängten Orangenkekse mit Schokoladenüberzug denken, die ich in den 80er Jahren das letzte mal gegessen habe.
Mund: Ausgesprochen sanft und enorm süß trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Der Geschmack entspricht faktisch 1:1 dem, was die Nase ankündigt. Alle Früchte aus der Nase finden sich im Geschmack wieder. Die süßen Beeren kommen noch etwas intensiver durch, als in der Nase. Die kandierten Orangen und Orangeat nehmen sich dafür etwas mehr zurück, als gedacht. Wirklich beeindruckend ist, dass langsam der volle Glühwein durchkommt. Es würde mich nicht wundern, wenn diese Abfüllung in einem recht nassen Glühweinfass gefinisht wurde. Das volle Gewürzspektrum ist präsent. Neben Zimt und Kardamom kommen immer mehr Gewürznelken durch und hintergründig schwingt jetzt auch etwas Sternanis mit. Dezenter Pfeffer erhöht zwischendurch die Würzigkeit im Mund. Zartbitterschokolade und etwas Eichenholz flankieren das Glühweinspektakel und es geht nahtlos ins Finish über.
Abgang: Das Finish ist mittellang. Süße Beeren, Schokolade, Rosinen und etwas Eichenholz liefern die süßliche, süffige Grundtextur des Abgangs. Den eigentlichen Stempel drücken dem Finish aber Spekulatius und wirklich Glühwein auf. Zimt, Kardamon und Sternanis kommen wohldosiert daher, während Gewürznelken phasenweise regelrecht über die Stränge schlagen. Zusammen mit Mandeln fällt weihnachtlich der finale Vorhang.
Charakter: Ein süffiger Glen Els in Trinkstärke, bei dem Glühweinfreunde in der Tat voll auf ihre Kosten kommen. Während die Nase noch Orangenkekse mit Schokoladenüberzug suggeriert und weihnachtliche Facetten eher als Zusatz andeutet, entfaltet sich im Geschmack die volle Glühweindröhnung. Zimt, Kardamon, Sternanis und richtig viele Gewürznelken kommen erstaunlich intensiv daher und wirken auch im Abgang lange nach.
Bewertung: Glen Els aus dem Süßweinfass trifft Glühwein. Und letzterer siegt. Süffig und geschmacklich in der Tat eine ganz ungewöhnliche Weihnachtserfahrung. Auf dem Weihnachtsmarkt würde ich wahrscheinlich auch lieber hierzu, als zu Glühwein greifen. Und an bestimmten Abenden passt ein kleiner Dram hiervon bestimmt auch sehr gut. Eine ganze Großflasche bräuchte ich von diesem Geschmacksprofil aber nicht. Von mir gibt es heute vorweihnachtliche 85 Punkte.