2021 war whiskytechnisch ziemlich ruhig bei mir. Gemeinsame virtuelle Verköstigungen als Corona-Alternative zu den üblichen Tastings konnten mich schon 2020 nicht wirklich überzeugen, so dass ich diese komplett sein gelassen habe. Die Preise, die echte und vorgegaukelte Knappheit, die (teilweise) nachlassende Qualität, das viele Marketing-Blabla und die generelle Beschleunigung beim Kauf nerven und haben dafür gesorgt, dass ich kaum Geld für Whisky ausgegeben habe - zumindest im Vergleich zu den letzten Jahren. Klingt jetzt alles ein bisschen negativ, ist es aber eigentlich gar nicht. Ich bin froh, schon vor über 10 Jahren zum Whisky gekommen zu sein und auf einen gut gefüllten Keller blicken zu können. Ist wie in einem guten Whiskyladen zu stöbern, nur dass man für all die schönen Flaschen nichts (mehr) zahlen muss. Ein tolles Gefühl! Auch die Aufreißhemmung hat durch den Beinahe-Kaufstopp natürlich nachgelassen. Wenn mich doch noch eine neuere Abfüllung interessiert, versuche ich sie zu ertauschen. Ansonsten war der Adventskalender von @Dottore sicherlich eines meiner Whisky-Highlights dieses Jahr. Sehr horizonterweiternd. Danke an dieser Stelle nochmal dafür!
Mein Whiskyjahr 2021 würde in Bullet Points so aussehen:
- Gemeinsamer Genuss - Zurück zu den Wurzeln - Entdeckungsreise Bourbon - Neue Brennereien
Dass im 2. Jahr der außergewöhnlichen Lebensumstände, kurz Pandemie genannt, meine Partnerin ihr Interesse am Whisky gefunden hat, war für mich ein großes Glück, denn der Genuss zu zweit, der Austausch über den Dram, die Freude oder Enttäuschung über das Destillat, ist wirklich bereichernder, wenn man all diese Erfahrungen teilen kann.
Selbstverständlich wollte ich sie als Einsteigerin nicht gleich mit Einzelfässern und uraltem Kram überfordern und somit kam auch ich wieder in den Genuss lieb gewonnener Standards, von deren Qualität ich teilweise selbst mehr als überrascht war. Nach Jahren wieder einen Talisker 10 im Glas? Wow! Bunna 12 Standard? Geiles Zeug! Tobermory 12 oder Deanston? Sofort nachkaufen! Und das alles teilweise zu den gleichen Preisen wie vor einigen Jahren. Das war eine wirkliche Überraschung und ich überlege mir heute zwei Mal, ob es das x-te Einzelfass von einem UA für einen sportlichen Preis sein muss.
Ein weiteres Highlight waren die probierten Bourbons. Angefangen mit einem kleinen, aber dennoch genussvollen Maker’s Mark, über leckeren Four Roses, Balconnes, Wild Turkey, Elijah Craig, Rebel Yell,uvm… bis hin zu den teuren Blanton’s, war es eine eindrucksvolle Entdeckungsreise. Klasse Bourbons um die 30-40 Euro, viel Genuss und Freude und nicht gleich einen Kleinkredit verlangend, wenn dann in einer lauen Sommernacht doch mal eine Flasche verdunstete.
Ähnlich erfreut haben – besonders mich - einige der neuen Brennereien. Waterford, Ardnamurchan und vor allem Raasay, aber auch aus Australien und Indien hatte ich tolle Sachen probieren dürfen, einzig die teilweise sehr ambitionierten Preise für teilweise recht junge Whiskys trüben die Freude ein wenig. Trotzdem war es schön zu sehen, dass sich neben den altbekannten Brennereien auch noch junge Teams auf den Weg machen, das Geschmackserlebnis Whisky in seiner Vielfalt zu erweitern.
Natürlich bereitet auch mir die rasante Preisentwicklung Kopfzerbrechen, aber der eiserne Vorhang ist weg, die Chinesen trinken nicht mehr nur Reisschnaps und unter 7,9 Milliarden Menschen gibt es überall auf der Welt wohlhabende Konsumenten, die ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Hätte ich mir vor 25 Jahren besser mal zwei Kisten Macallan gekauft, als das Zeug noch für 50DM im Supermarkt zu haben war. Aber wahrscheinlich wären die inzwischen auch geleert.
Es ist besser, zu genießen und zu bereuen, als zu bereuen, dass man nicht genossen hat. (Giovanni Boccaccio)