Das ist nun schon im Lauf der Jahre die dritte Flasche und ich weiß, wie ich ihn mag. Zunächst mal bleibt das Glas abgedeckt eine gute Stunde oder auch länger stehen, nachdem der Whisky zwei Spritzer Wasser abbekommen hat. Dieser Whisky braucht die Zeit und ein wenig Wasser um sich mir(!) so zu öffnen, wie ich ihn am liebsten mag. Dann kommt der Deckel erstmals zum Verriechen runter. Wer noch nie an der Innenfläche eines solchen Deckels, an der nach der Temperierung Beruhigung des Whiskys winzige Wassertröpfchen hängen, gerochen hat, sollte das bei so kräftigen Malts mal tun. Zwar deutlich schwächere, aber filigranere Noten als am Glas.
Dunkels Bernsteingold sichimmert im Glas. Lange, schmale Legs halten sich.
Nase
vollreife Pflaumen und Orangen, leicht geschwefelte Rosinen, Kakaobutter, Zimt und minimal Nelke, zart auch Datteln, dunkler, süßer Früchtemix, Nüsse, Marzipan und angebranntes Karamell, leichte süßsaure , angenehme, weinige Gärigkeit. Das könnte ich ewig machen, warum muss man Whisky eigentlich trinken?
Mund
Dunkle, beerige, kräftige Süße, Kräuter, leichtes, angenehmes, pfeffriges Prickeln, schnelle Belegung des Mundraums, süße Orangen mischen sich mit Eichenwürze, Kaffee, Röstaromen und dunkler, nussiger Schokolade, etwas altes Leder, wieder ein wenig Zimt und die Rosinen mit dem ganz leichten schwefligen Unterton der mich nicht stört, sondern in das komplexe Gefüge passt. Okay, nicht nur riechen, sondern auch immer mal zwischendurch einen Schluck trinken macht wirklich Sinn.
Fast schon im Ausklang mischt sich nochmal diese dunkel fruchtige, süße, weinige Komponente ein, die dann etwas mineralisch, erdig wird, bevor doch der süße Espresso kurz gewinnt, bis alles in einem trockener werdenden Mundgefühl ganz langsam und immer wieder nachhallend verklingt. Jou, einen Whisky nachhallen und ausklingen zu lassen, nicht vorschnell dem Wunsch nach einem weiteren Schluck nachzugeben, macht hier durchaus Sinn. Man kann ja derweil noch ein Näschen oder zwei nehmen um sich die Gewissheit mehrerer Abgänge hintereinander zu sichern.....äh ja also, hat jetzt mit Protzen nix zu tun....nur mit Whisky.
Ein starker, runder Whisky, der mich noch nie enttäuscht hat und ich trinke ihn eher selten, quasi um mich nicht an ihn zu gewöhnen.
Rund ist er und doch hat er viele Facetten von denen er jeder eine kleine Gerade lässt, auf der sie sich entfalten kann, sodass man sie als Genießer auch entdecken kann.
Dass er teils auch recht schlechte Bewertungen bekommt, liegt sicher nicht nur an absoluten Schwefel Allergikern oder unterschieden in den Batches, sondern auch daran, dass man diesem Whisky Zeit geben muss und das beginnt schon damit, dass der erste Dram aus einer frisch geöffneten Flasche mindestens eine Stunde stehen sollte und für mein Teil kann ich bestätigen, dass der Inhalt der Flaschen mit sinkendem Füllstand durchaus gewinnen kann, die oft beschriebene „Nachoxidation“ schadet hier definitiv nicht.
Nun gut, meine Session mit dem gut eingeschenkten Dram dauert nun schon über drei Stunden und....es ist noch was im Glas.
Gruß G.
Ich bin nur manchmal zu weise um über jeden Stock zu springen. Oft bin einfach nur zu alt.