Whisky: Glendronach 1990/2017 - Single Cask Batch 15, Cask 7005
Nase: Zuerst kommt eine intensive Sherryfracht. Voll und schwer. Nicht trocken, sondern saftig süß! Auch Kräuter sind direkt dabei. Eiche ist im Hintergrund zu vernehmen. Dominant ist die Süße, die alle anderen Aromen begleitet. Süße Früchte, süße Kräuter, süße Eiche. Kirschen, Trauben, Datteln, eingelegt in Zucker. Erst getrocknet, dann eingelegt. Die Kräuter erinnern an dickflüssigen, alten Balsamico-Essig und bisweilen etwas Liebstöckel. Die Eiche liefert eine aromatische, süße Pfeifentabak-Note. Immer da, aber zurückhaltend. Nur gelegentlich stößt die Eiche hervor und stichelt die Nase mit würzigeren Elementen. An dem Whisky könnte bis zum Abwinken schnüffeln. Absolut umwerfend. Nach dem ersten Schluck wird die Nase noch lieblicher. Süßgebäck-Noten, süßliches Leder, vergorener Pflaumenwein.
Gaumen: Der Antritt ist weniger süß als erwartet, extrem voll aber mit nun deutlich dominierender Tabak-Note. Die Früchte werden mitgereicht zusammen mit einem Stück Bitterschokolade. Die Süße hält das Herbe im Zaum und sorgt allgemein noch für einen Gaumen, der nicht allzu bitter und trocken ist. Nichts desto trotz regiert das Fass den Gaumen. Als Regent macht es seinen Job aber hervorragend. Es ist deutlich, wer das Sagen hat, doch die anderen Aromen werden präsentiert und kommen nicht zu kurz. Das Nachschmecken ist von einer derart schönen Tabak-Note geprägt, dass ich nur so ins Schwärmen gerate. Der Alkohol ist nicht zu spüren, das Erlebnis ist aber äußerst intensiv und kraftvoll - so muss das sein! Der zweite Schluck ist gleich viel süßer. Ein Putsch! Die Eiche nun von ihrem Thron verdrängt, die Süße nimmt ihre Rolle aus der Nase wieder ein. Die Eiche wehrt sich im Nachschmecken, bäumt sich noch einmal auf, scheitert aber und muss in zweiter Reihe wirken.
Abgang: Sehe lang und komplex. Teilweise leicht herb und bitter, dann wieder süß und fruchtig. Am Ende siegt letzteres, wobei eine zarte Bitterschokolade immer vorhanden bleibt. Der Geschmack will nicht weichen. Ganz, ganz langsam verblasst er, Anklänge bleiben jedoch noch ewig in Mund und Rachen. Ist er fast verblasst, so zeigt erneutes Nachschmecken seine Wirkung und bringt den Geschmack wieder hervor.
Wasser: Wasser lässt den Whisky in der Nase etwas frischer wirken. Orangen, saftig und süß, nicht sauer! Würzigere Eiche. Hellere Schokolade, vergorener Apfel und im Hintergrund noch das Schwere der unverdünnten Nase. Nach weiteren Minuten wird es kräutriger. Am Gaumen wird es absurd weich und süß wie Kirschsaft, ohne aber an Kraft zu verlieren.
Fazit: Ich bin sprachlos. Kaum ein Whisky hat mich so begeistert. Ich kann nicht anders. Ich muss es tun. 94/95 Punkte (ich kann mich nicht entscheiden). Enthusiasmus pur!