Glen Els 2013/2018 Woodsmoked Claret Cask 439 (WID 112390)
Farbe: Russetmuscat
Nase: Auf Anhieb sehr weinig. Der Ersteindruck wirkt ein wenig wie rote Beerengrütze auf Holzleim. Der Alkohol ist zwar vergleichsweise gut eingebunden, aber der Tropfen gibt sich zunächst ziemlich verschlossen. So wirklich viele Aromen kann ich gar nicht greifen. Nur soviel: die Nase ist weniger süß, als erwartet. Nach und nach kommt tatsächlich immer mehr Eichenholz durch. Erdig, wie ich es bislang von keinem Glen Els kenne. Muffig wäre übertrieben, aber es riecht tatsächlich so, als würde man einen alten feuchten Weinkeller betreten. Schokolade und Kakao fügen sich passend ein. Flambiertes Karamell schwingt mit und im Hintergrund changieren ein paar Zitronen. Erdig-weinig und frisch zugleich. Da bin ich mal auf den ersten Schluck gespannt.
Mund: Intensiv und ölig trifft der Tropfen auf die Zungenspitzel. Sofort gibt es eine geballte Ladung Fruchtsäure. Rote Beeren sind dafür hauptverantwortlich. Dazu gibt es süßliche Vollmilchschokolade und ordentlich viel Eichenholz. Die Eiche wirkt vom Geschmack her alt und erweist sich als bemerkenswert kraftvoll. Es wird zunehmend würzig im Mund. Pfeffer erhöht den Dampf und es dauert nicht lange, bis die gesamte Zunge prickelt. Im Übergang zum Finish entwickelt sich ein immer intensiver werdender Holzrauchgeschmack. Von Beeren und Fruchtsäure unterspült, dreht der Geschmack zunehmend in Richtung Holzkohle.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang. Anfänglich bewegen sie sich noch auf Augenhöhe: Saftige Beeren, ungestüme Fruchtsäure, Eichenholz und ausglimmende Buchenholzkohle. Mit der Zeit die Eiche und der Rauch dann die Oberhand. Es wird immer holziger und trockener im Mund. Wenngleich sich der Fußabdruck der Beeren bis ganz zum Schluß hält. Wie ein Belag legen sich die Eiche und Holzkohle auf die Zähne und Mundschleimhäute. Fein von Schokolade und Espresso unterzeichnet, glimmt das Finish langsam aus. Bei aller Trockenheit: die Fruchtsäure lässt sich nie komplett unterkriegen und bleibt bis zum Schluß erhalten.
Charakter: Eine sehr intensive und zugleich harmonische Abfüllung. Das Weinfass kommt klar zur Geltung, ohne dass der Tropfen allzu süß wird. Aller Jugend zum Trotz ist das Eichenholz sehr prägnant und würzig. Insgesamt nicht allzu komplex, aber das Zusammenspiel der einzelnen Aromen weiß zu gefallen. Und die hohe Fassstärke erlaubt es, Geschmack und Alkoholgehalt je nach Lust und Laune zu kalibrieren.
Bewertung: Diese Château Mouton-Rothschild Cask-Reifung überrascht mich positiv. Sie ist wesentlich weniger süß, als erwartet und während sich die Nase noch etwas verschlossen präsentiert, gibt es geschmacklich dann richtig Dampf. Ohne überlagernde Schärfe. Das kraftvolle Duell von Eichenholz und Fruchtsäure gefällt mir besonders gut. Von mir gibt es heute genussvolle 89 Punkte. Tendenz 90. Eine der besten Weinreifungen, die ich von Glen Els bis dato im Glas hatte. Und die beste nicht-so-süße.