Benriach 2010/2020 James Eadie Cask 348031 (WID 152097 )
Farbe: Deep Copper
Nase: Zur Begrüßung beißen Minze und Zitrusfrüchte in die Nase. Wie erwartet von Sherry begleitet. Will heißen, die hohe Fassstärke macht sich auf Anhieb bemerkbar. Ein bunter Strauss verschiedener Kräuter schwingt mit. Majoran, Thymian, Zitronenmelisse, besagte Minze und Kerbel. Frisch geriebene Zitronen und Orangenschalen liegen im Hintergrund und versprühen eine kraftvolle Frische und Säure. Der Sherry tritt regelrecht in den Hintergrund. Orangen und herbe Kräuter dominieren auch nach guten 10 Minuten Standzeit noch die Nase. Etwas Wildleder hat sich dazugesellt. Und dann ist da noch irgendeine komplett schräge Note. In Kassel werden sogenannte Bunkerpilze gezüchtet. So ähnlich stelle ich mir das Aroma in entsprechenden Räumlichkeiten respektive Katakomben vor. Und das soll ich ernsthaft trinken? O.k., für den Erkenntnisgewinn. Aber definitiv nicht unverdünnt. Mit 1,5 TL Wasser auf knapp 3cl gehe ich ins Rennen. Der beschriebene Grundcharakter bleibt. Allerdings beisst es nicht mehr so arg in der Nase und auch die Orangen und Kräuter geben sich etwas milder. Vorfreude mag zwar nicht aufkommen, aber ich bin gespannt auf den ersten Schluck.
Mund: Der Tropfen gibt sich beim Erstkontakt ölig, verbeisst sich aber sofort in die Zunge. Ich erahne unterschwellig Sherry, aber selbst verdünnt hauen Pfeffer, Ingwer und Anis dermaßen stark auf die Zunge, dass sämtliche Sherrynuancen den Kürzeren ziehen. Allein Kräuter vermögen sich wieder durchzusetzen. Und dann schlagen neben geriebenen Orangenschalen auch noch Pampelmusenzesten zu. Auf würzig folgen scharf, herb und bitter. Nach grobschlächtiger Hans-Dampf-Manier. Dagegen ist erstmal nicht wirklich was zu sagen. Aber das Zwischenfazit der ersten Minute nach dem ersten Schluck ist ernüchternd. Im Geschmacksbild finde ich nicht im Ansatz eine Spur von lecker. Ich baue auf die nachfolgenden Schlucke. Der zweite Schluck ist in der Tat etwas besser. Die Zunge hat sich ein wenig an die Intensität gewöhnt. Harziger wirkender Honig kommt durch. Ich muss an Met denken. Lecker finde ich das Ganze aber leider immer noch nicht.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang. Auf harzigem Honig und nicht wenig bitterem Orangen- und Pampelmusenschalenabrieb gebettet, hallt die Schärfe von Pfeffer, Ingwer und Anis bis zur letzten Sekunde nach. Eichenholz ist irgendwie auch noch dabei; wirklich zu greifen bekomme ich es allerdings nicht.
Charakter: Ein ungestümer, grobschlächtiger Rookie, der ausgesprochen würzig, scharf, herb und bitter daherkommt. Neben Pfeffer, Ingwer und Anis sollte man herbe Kräuter und Orangen- respektive Pampelmusenschalen mögen.
Bewertung: Die Art von Whisky, die ich irgendwie nicht mehr brauche. Ich frage mich, ob das bei Palo Cortado so muss? Möglicherweise ist das sogar mein erster Malt mit Palo Cortado Finish. Wie auch immer: rein preislich würde ich zum direkten Griff zu Jägermeister raten. Grundsätzlich brauche ich ein solches Geschmackserlebnis aber gar nicht. Da hier keine Fehlnoten am Werk sind, lasse ich ein wenig Milde walten und verbleibe mit 79 Punkten.