Glenfarclas The Family Casks 1992/2017 Sp17 Cask 862 (WID 96177)
Farbe: Russetmuscat
Nase: Zähflüssig laufen die Legs am Glasinnenrand herunter. Das erste Hinriechen offenbart Intensives Karamell, Butterscotch, Malz und süße rote Beeren. Ich muss an reife Walderdbeeren denken. Etwas Vanille ist auch mit dabei und der Hintergrund ist schön schokoladig und leicht nussig. Unverdünnt sticht etwas Minze in die Nase. Hin und wieder blitzen reife süße Zwetschgen durch. Rosinen schwingen mit und unterschwellig ist auch etwas Möbelpolitur dabei. Das Zusammenspiel von Süße, Früchten und Malz gefällt mir auf Anhieb extrem gut. Bereits unverdünnt wirkt die Abfüllung sehr harmonisch. Die schiere Intensität lädt dennoch zum Verdünnen ein. Ein Teelöffel Wasser auf 2-3 cl öffnet den Tropfen ohne nennenswerte Intensitätseinbußen. Lediglich die Spitzen der Minze sind jetzt etwas glattgebügelt. Insgesamt wirkt die Abfüllung jetzt aber noch harmonischer und ausgewogener. Ganz zu schweigen davon, dass noch weitere leckere Aromen durchkommen, die ich unverdünnt nicht wahrgenommen habe. Vor allem Leder, etwas Pfeifentabak und altes Eichenholz. Lecker. Bei alledem liegt immer noch dieser verführerische Hauch von roter Grütze, süßen Zwetschgen und Karamell über dem Glas. Die Vorfreude auf den ersten Schluck ist groß.
Mund: Weich und intensiv trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Sofort gibt es ein regelrechtes Geschmacksfeuerwerk. Rosinen, Trockenpflaumen, getrocknete Feigen und reife Zwetschgen treffen auf die Fruchtsäure von roten Johannisbeeren und auf Walderdbeeren. Der Speichelfluss wird unmittelbar angeregt und gefühlt kann ich längst nicht alle Facetten zeitgleich greifen. Im Anschluß wird es spürbar würzig. Eine Prise Pfeffer und herbes Eichenholz schlagen auf die Zunge. Auf Shortbread, Schokolade und Haselnüssen gebettet, kommen Mandeln durch und auch geschmacklich ist wieder Vanille mit von der Partie. Wahnsinn. Karamell, Toffee, Walnüsse, im Übergang zum Finish etwas kalter Kaffee – soviel nur zum ersten Schluck. Diese Abfüllung ist unmittelbar präsent. Intensität und Mundgefühl könnten kaum besser sein. Mit der Zeit kommen Orangen durch und gefühlt wird der Geschmack mit jedem Schluck etwas holziger. Der Übergang zum Finish ist von einer leckeren Mandelbitterkeit geprägt. Mit etwas kaltem Espresso verfeinert.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang. Auf altem trockenem Eichenholz gebettet, klingen in Karamell versenkte süße Früchte und Trockenfrüchte lange nach. Mit einem Schuß kaltem Espresso versehene und mit Butterscotch verklebte knochentrocke Sägespäne und fein geraspelte Bittermandeln kleiden den gesamten Mundraum aus. Rote Grütze tanzt vor dieser Kulisse. Einfach nur schön.
Charakter: Ein Family Cask für Eichenbrettfreunde mit süßem Zahn. Dadurch bestimmt nicht jedermanns Favorit, aber ich mag das. Filigran ist anders, aber an Komplexität mangelt es dieser intensiven Abfüllung nicht. Die Trockenfrucht- und Fruchtmischung lässt bei mir jedenfalls keine Wünsche offen. Eine Besonderheit vielleicht noch: ich habe selten bei einem Family Cask soviel Karamell, Butterscotch und Vanille herausgeschmeckt. Keine Ahnung, was hier für Holz verwendet wurde, aber ich kann mir gut vorstellen, dass hier American Oak eine deutliche Prägung hinterlassen hat.
Bewertung: Wenn es mal Eiche, süße Früchte und Karamell sein sollen, dann bitte diese Abfüllung. Love it. Von mir gibt es satte 92 Punkte. Aber Achtung: ich mag Holzbretter und klebrige PX-Süße.