Geruch: Bei der allerersten Nase leicht "krautig", dann intensiv "weinig". Dahinter liegen aber schon die "alten Fässer". Ok, so ein alter Knabe muss einmal in aller Ruhe eine Stunde atmen können! Dann geht's erst richtig los: Der Malt öffnet sich, die reifen weißen Trauben kommen nach vor und zeigen auch etwas von der Exotik der alten Glassaugh-Fässer. Die Vanillenoten werden stärker, ergänzt um etwas Kiwi. Die Sherrytöne aus der Nachreifung sind nur ganz zart im Hintergrund zu spüren. Obwohl aus den Highlands, ist das der schönste 70er-Jahre-Speyside-Hellfrucht-und-Exotik-Fruchtblumenstrauß. Im Hintergrund ganz leicht Wachs und Würze.
Geruch aus dem Bordeauxglas: Heilige Schönheit, aus dem großen Glas ist der Sherry gleich einmal fett da, gleichwohl wirkt er "frischer" und "straighter" als aus dem Premium Snifter. Vanille und Bourbonfassnoten sind im Hintergrund, der Malt wirkt zehn Jahre jünger. Spannend! Aber m.E. nicht besser.
Geschmack: Jetzt aber! Wesentlich dichter als in der Nase kommt das Sherryfinish schön durch, überdeckt aber die Bourbonfassbasis in keinster Weise. Die Honig- und Wachsnoten treten in einen Dialog mit den fein-zarten Sherrynoten -- nicht unähnlich dem 1985er-Family-Cask von Glenfarclas -- und nun tauchen auch wieder die "weinigen" Noten (herber Rosé-Wein) auf. Dann werden Traubenfrucht, Wachs und Honig stärker, die Exotika nehmen zu (Mango).
Abgang: Das Fruchtbündel des Geschmacks zeigt sich auch im Abgang, bei dem naturtgemäß nochmal etwas Wachs und Eiche hinzutreten. Äußerst fein.
Geschmack und Abgang aus dem Bordeauxglas: In den Mund kommt der Malt unmittelbar voll, fett, Sherry, Vanille, Würze, etwas Eiche, kaum Wachs, dafür schönes Menthol, fette Mango, frische Kiwi. Natürlich bleibt auch der Abgang lang und dicht vielgestaltig. Einfach super. Punkt.
Fazit: Schon wieder eine wunderbare 70er-Jahre-Glassaugh-Abfüllung. Die fette Bourbonfassfruchtigkeit mit u.a. hellen Trauben und Vanille wird ergänzt um feine Exotika (u.a. Mango, Kiwi). Die Sherrynoten bereichern das Ganze und geben den Zusatzkick. Vor allem: Dieser Malt braucht Zeit im Glas, mindestens eine Stunde atmen lassen! Dann wird's überirdisch ... Insgesamt ein 95.5-Punkte-Vergnügen (95-96-95.5) für mich.
Aus dem großen Bordeauxglas wird der Malt in der Nase frischer und jünger, am Gaumen dann die volle Dichte. Nicht besser, aber anders. Je nach Stimmung; jedenfalls aber großartig und dem Geschmack und Abgang geschuldete 96(95-96.5-96) Punkte.
Ein großes Danke an @MonteGehro für diese tolle Flaschenteilung!
Edit: >> Hier gibt's einen kurzen Vergleich mit dem Glenglassaugh 1973/2012 Potstill Edition.
Nase: Tiefgründig und vielfältig. Tropische Früchte, Bienenwachs, frisches Minzöl. Frisch gesägtes Holz, bei dem noch Blätter mit dabei sind - ein leichter Kräuterton ist mit im Spiel.
Mund: Ein ölig süßer Antritt. Tropische Früchte wieder (Maracuja, vielleicht Kokos), Vanille. Nach ein paar Sekunden eine wahre Explosion auf der Zunge: zu den Früchten kommt eine sehr markante würzige Eiche, verbunden mit Waldkräutern, Honig, und weiteren Aromen (die ich nicht benennen kann).
Finish: Sehr lange, ausdauernd, und nicht nur von der Fasswürze bestimmt. Frucht und Honig bilden bis zum Schluss eine Kombination mit den intensiven Tanninen - und das ohne Bitterstoffe. Kommentar: Ein Traum - hier stimmt einfach alles. Wunderbar ausgewogen, und dabei nach knapp 40 Jahren noch von einer Intensität, die ihresgleichen sucht. In dieser Form kann das wirklich nur ein lange gereifter Whisky. Das Sherry-Finish ist eher dezent, und wirkt überhaupt nicht aufgesetzt. Man sollte dem Malt viel Zeit im Glas geben, um sich zu öffnen.
Gott schütze uns vor Sturm und Wind, und Autos, die aus England sind.