Nase: Dunkel und geheimnisvoll schimmert der Port Ellen im Glas. An der Glaswand hat sich eine sirupartige Schliere gebildet aus der sich relativ schnell lange und ölige Tropfen lösen und ihre Bahnen ins Glas zurück ziehen. Zaghaftes und sehr liebliches Islayaroma hebt sich aus dem Glas, fein rauchiger Torf steigt majestätisch empor. Ein Hauch von modriger und nasser Holzplanke durchdringt den langsam fruchtiger werdenden Torf, mineralische Anklänge folgen während eine ruhige Meeresbrise herüber weht. Langsam öffnet sich der PE und die Nase gibt dunkle Fruchtaromen frei. Ölig und cremig steigen Kirschen und Brombeeren in die Nase, alte und doch süße Orangen und ein Hauch Aprikose verleihen der Nase jetzt ein betörendes Aroma. Ein Hauch Leder und süßliche, getrocknete Tabakblätter kommen zur Geltung, kalter Kaffee vermengt sich mit einer wohlschmeckenden Vollmilch-Zartbitter-Schokoladenmischung. Ein kaltes, süßlich fruchtiges Raucharoma vereint sich mit den dunklen und alten Beeren. Ein wunderbarer Torfduft liegt während dem kompletten Nosing dominant im Vordergrund. Herrlich, ich könnte stundenlang an diesem traumhaften Sample riechen...
Geschmack: Eine Mischung aus mineralischem Torf und kaltem Rauch dominiert den ersten Eindruck. Kurz blitzen süße Elemente auf bevor herbe und dunkle Holztöne den Geschmack relativ düster und melancholisch erscheinen lassen. Eine Prise Salz und ein Hauch Pfeffer legen sich wärmend über die Zunge, dunkle Holz- und Erdtöne ruhen im Gaumen. Ölig und bitter herb erinnert der erste Schluck ein wenig an Möbelpolitur und Bohnerwachs. Lakritze vermischt sich mit dem schweren und düstern Aroma, wieder kommt mir eine modrige und von der Brandung angenagte Holzplanke in den Sinn. Getrocknete Beeren und dunkle Walnüsse reißen mich aus meinen Gedanken... Der nächste Schluck spiegelt die dunklen und düsteren Eindrücke des ersten Schlucks wieder. Pfeffer und Salz verströmen ihr leicht scharfes Aroma, dunkle und getrocknete Beeren fallen auf den modrigen Erdboden, Krümel von vermoderndem Holz liegen daneben und verströmen ihr intensives Aroma. Das salzige und angenehm scharfe Holzaroma nimmt zu, ein Hauch nach verbranntem Gummi und schmierigem Öl klebt im Gaumen, dann folgt kalter Rauch und ein wenig mineralischer Torf.
Abgang: Mit diesen herben und dunklen Aromen geht der Port Ellen in den Abgang über. Noch immer klebt eine leicht salzige Schicht auf der Zunge und verströmt ein maritimes Aroma. Der Gedanke an Möbelpolitur lässt mich auch im Abgang nicht los. Dunkle und alte Holzelemente vermischen sich allmählich mit Walnüssen und dunklen, getrockneten Beeren und Trauben. Das nasse und herbe Holz verströmt noch lange seinen unglaublichen Duft und erweckt den Anschein als wolle der Abgang nie ausklingen.
Fazit: Dieser PE ist wie Jekyll and Hyde... Die Nase ist extrem einladend und freundlich, der Geschmack jedoch doch düster und versucht mich mich auf die dunkle Seite zu ziehen. Aber genau diese geheimnisvolle Kombination macht den Port Ellen für mich so interessant und reizvoll. In der Nase ist der PE unglaublich vielschichtig und abwechslungsreich. Dunkle Früchte, Leder, süßlicher Tabak, kalter Rauch, Torf und viel maritime Einflüsse lassen mich für einen Moment auf einem Steg am stürmischen Meer stehen und sehnsüchtig auf das schäumende Meer blicken. Geschmacklich dann das krasse Gegenteil. Dunkel und düster, ölig und moderig, salzig, teilweise scharf und dann wieder die Assoziation nach dunkler und öliger Möbelpolitur. Ich stehe im tiefen dunklen Wald und bin von geheimnisvollen Nebelschwaden umhüllt... Dieses Sample war für mich eine total neue Erfahrung und definitiv ein weiteres Glas wert. Ein toller und mystischer Tropfen!
24/23/23/23
☆☆☆ Es ist ein langer Weg zum Whisky-Experten - aber es ist eine schöne Zeit bis dahin! ☆☆☆