Der Armagnac liegt mit sattem Dunkel-Mahagoni im Glas ...
Geruch: Als allererstes kommt einem eine überraschend dichte Balsamico-Note entgegen. Dahinter schon die Eiche, feuchter Weinkeller und schlussendlich leicht geschwefelte reife Schwarzbeeren. Ein ziemlich stranges Aroma; für Armagnac jedenfalls. Je länger dieser 1979er im Glas atmen kann, desto dunkel-fruchtiger wird er, ohne dass die "dreckige Note" vollständig verschwindet.
Geschmack: Kommt enorm "balsamic" mit viel Kirsche ("Surprise"!) und wieder ein paar Schwefel-Schwarzbeeren, Kellerchampignons und zarter Eichenbitterkeit in den Mundraum. Holla die Waldfee, der ist aber ordentlich "dreckig". Und substanzvoll.
Abgang: Auch im schon fast langen Abgang bleibt die "dreckige Note" mit etwas Schwefel und Kellerchampignons präsent, ergänzt um die Schwarzbeeren, Noten alten Fasses und feuchten Waldbodens.
Fazit: Dieser fassstarke Einzelfass-Armagnac aus 1979 ist nichts für schwache Nerven. Die absolut dichte und "dreckige" Aromatik mit Balsamico, geschwefelten Schwarzbeeren und Kellerchampignons ist ziemlich einzigartig. Wer die jungen heftigen "Edradour-Schwefelbömbchen" mag, wird diese Abfüllung lieben, denn das hohe Alter liefert zusätzlich noch eine sehr feine Kirscharomen-Ergänzung zur Dunkelfrucht. Für mich ein 92-Punkte-Vergnügen (93-92-90), das mich vor allem ob seiner Originalität überzeugt.
Dass man ein solches Fass "normalerweise" nicht pur abfüllt in der Armagnac-Region, ist mehr als verständlich. Ein solches Fass wird geblendet (mit anderen Jahrgangs-Fässern oder als "Würzessenz" für Age-Statement-Blends) und diese Assemblage dann meist noch etwas verdünnt. Die "normalen Armagnacfreunde" sind nämlich keine "Schwefelbombenliebhaber". Und für diese ist dieses dreckige Kraftpaket wie gemacht.
Nase: Nicht sonderlich spektakulär, wenn man weiß auf was man sich einlässt. Da sind etwas Holz, säuerliche Noten, dunkle Kirschen, etwas Leder. Schwefel hab ich gar nicht, bin da aber auch wirklich nicht anfällig. Könnte auch ein fassstarker SherryMalt sein, lediglich der Alkohol ist fast nicht wahrnehmbar.
Mund: Ok, jetzt gehts los. Mächtiger, öliger Antritt. Pflaume, Johannisbeere. Ordentlich Holz. Sanfte Adstringenz. Dann kommt schöne Säure, etwas Majoran. Kaffeebonbons, schwarzer Toast. Der Alkohol ist bemerkenswert gut eingebunden, die fast 50% haben zwar die nötige Power ohne jedoch irgendwo zu zwicken. Irgendwas schmutziges schwimmt mit, allerdings erheblich weniger als beim 86er. Tatsächlich erdig-pilzig, wie eine getrocknete Pilzmischung.
Abgang: Mittellang. Es bleibt herb, kaum Süße. Ordentlich lackiertes Holz, nasses Laub. Lakritz, Vanilleschoten. Eine ganz großartige Johannisbeernote, jedoch ohne Säure. Einfach nur diese Cassis-Aromen.
Was bleibt: Schöne Abfüllung, aber sicher nicht everybodies darling. Diese schmutzigen Aromen muss man schon abkönnen, auch wenn es da bei Seailles noch ne Spur härter geht. Aber für mich, der es gerne rustikal hat, passt der gut.