Glenfarclas 1969/2009 40y Frederick’s Cask Nr. 2674 (WID 66888)
Farbe: Deep copper
Nase: Da ist er, dieser vielumwobene, schwer zu beschreibende Old Bottle Flavour. Alt und staubig und irgendwie fruchtig, frisch und leicht zugleich strömen dicht verwobene Aromen in die Nase. Sherry und Destillat agieren harmonisch und auf Augenhöhe miteinander. Rosinen und süßlich-herbes Getreide setzen den ersten Grundton, und während ich im Hintergrund ein staubiges Leinensegel ausmache, kribbeln quasi zeitgleich Orangen und Passionsfrucht angenehm in der Nase. Ein wenig Kerzenwachs schwingt mit und ab und zu gibt es einen frischen Tropfen Limettensaft. Beständig kehren Malz und Getreide in den Vordergrund zurück. Majoran, Rosmarin, Orangenthymian und Zitronengras umspielen zusammen mit etwas Minze die Orangen und Rosinen und ergänzen das Gesamtbild vortrefflich. Ich bin gespannt auf den ersten Schluck.
Mund: Weich und elegant trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Gleich zu Beginn gibt es zwei dicke Überraschungen. Weder hatte ich bislang so viel Wildleder im Glas, noch hätte ich damit gerechnet, dass änfänglich Kiefernnadeln, Piment und Weihrauch die leckeren sonnengereiften Orangen und Beeren begleiten. Anschließend arbeiten sich schönes Malz und leckerer Pflaumensaft durch. Würziges Eichenholz gewinnt zunehmends an Intensität. Der satte Eichenholzgeschmack saugt peu à peu die gesamte Fruchtsüße auf. Während der Geschmack immer stärker ins Holzig-würzige und Trockene dreht, bleibt die Fruchtsäure hingegen präsent. Pfeffer bäumt sich auf, etwas Menthol zieht in den Rachen und zusammen mit ersten Anklängen dunkler Schokolade und mit einer Handvoll Nüssen, drängt die Eiche in Richtung Finish.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang. Das Eichenholz und die leckeren Kräutern bilden zusammen mit etwas dunler Schokolade das Fundament des Abgangs. Unterschwellig ist durchgängig ein leckerer Getreidegeschmack da und hin wieder schimmern reife Orangen durch. Espresso und Mandeln umschmeicheln die beeindruckend intensive und nachdrückliche Eiche, die sich zu keiner Zeit vordergründig aufdrängt. Selbst eine Viertelstunde nach dem letzten Schluck sind das elegante Eichenholz, Espresso und ein paar versprengte Mandeln noch mundfüllend und am Gaumen präsent.
Charakter: Diese Abfüllung ist kein Wunderwerk an Komplexität, aber sie wird ihrem respekteinflößenden Alter vollumfänglich gerecht. Trotz des langen und starken Fasseinflusses kann sich das Destillat auf eine schöne Art und Weise behaupten. Die Nase ist für mich ein Paradebeispiel für einen langgereiften Speysider alter Bauart. Der ausgeprägte Old Bottle Flavour lädt zu einem langen Verriechen ein. Geschmacklich übernimmt recht schnell die altehrwürdige europäische Eiche das Kommando. Zusammen mit Espresso und Mandeln klingt sie vortrefflich lange und bezaubernd nach. Wer gerne leckere dicke Eichenbretter vom Typ Gentleman bohrt, wird seine wahre Freude an dieser Abfüllung haben.
Bewertung: Mit einem Extrapunkt für die wunderbare intensive Eiche sind hier satte 92 Punkte fällig. Eine derart schöne Holzcharakteristik bekommt man bei Whiskys leider immer weniger ins Glas.