Notes aus einem Blindtasting - Fassstark.de Geschmacksexperiment 2022
Nase: Gleich nach dem Einschenken: zurückhaltend, fast schon schüchtern. Danach öffnet er sich: Feine Sherrynoten, nussig, cremig, Bienenwachs, Honig, Pfirsich, Vanille, Karamell. Leichter Alkoholstich, und eine dezente trocken-staubige Holznote. Evtl noch etwas säuerliches wie von vergorenen Früchten. Aber alles schön miteinander verwoben. Profitiert von viel Zeit und Luft.
Mund: Cremig, Bienenwachs, gelbe Früchte, beim Kauen beginnt das Prickeln auf der Zunge, später dann Vanille.
Finish: Mittellang, wärmend, mit leichtem Hang zur Trockenheit am Gaumen, helle Eiche, alter Staub.
Kommentar: Richtig gute Nase, und ordentlich angenehm im Mund. 87 / 86 / 85 P.
Gott schütze uns vor Sturm und Wind, und Autos, die aus England sind.
Nase Zuerst mal unverdünnt probieren. Sehr zarter Beginn mit Marillenröster, süß aber auch fruchtig sauer. Aber auch noch etwas schüchtern. Der benötigt Zeit und Sauerstoff im Glas. Die gebe ich ihm. Langsam entfalten sich südliche Früchte wie Honigmelonen, aber auch fast ins tropische gehende Aromen nach Mango und Papaya. Der Einfluss vom Alkohol, der anfänglich etwas in der Nase sticht, nimmt mit der Zeit immer mehr ab und es gesellen sich zum Obstkompott auch Kräuternoten und Vanilleschoten hinzu. Nach ungefähr 25 Minuten Standzeit erkennt man erstmals das Sherryfass - dunkle getrocknete Früchte, rote Beeren und Rosinen. Ebenfalls nun auch im Geruchsspektrum vorhanden sind dunkle Schokolade mit gerösteten Haselnüssen und Waldhonig. Sehr interessant wie sich der Whisky im Laufe der Zeit wandelt. Mit Wasserzugabe kommen die Marillen noch deutlicher zur Geltung, zusammen mit Erdbeeren und Vanille. Der Alkohol ist nun sehr zahm. Der Geruch wirkt wesentlich harmonischer und runder.
Geschmack Der Malt fließt cremig weich, fast schon wächsern, auf die Zunge. Anfänglich mit süßen, fast schon honigsüßem Geschmacksnoten zeigt sich kurz eine überraschende, fast schon leicht schmutzig staubige zu nennende Seite an ihm. Dann wird es aufgrund des Alkoholgehaltes kräftig und leicht wärmend mit Kräutern und ordentlich Pfeffer sowie Zimt und Muskatnuss. Als Frucht sind nun mehr die helleren Obstsorten am Zug, jedoch insgesamt eher dezent. Mit Wasser wird er noch weicher und richtig fruchtig und zwar in Richtung tropische Früchte. Die kräftigen Aromen nach Kräutern und der leicht schmutzige Touch sind verschwunden. Generell ist im Geschmack die Reifung in Sherryfässern kaum zu merken.
Abgang Deutlich adstringierend an den Wangenseiten gegen Ende hin. Die im Geschmack erstmals erkannte leichte schmutzige Note verwebt mit süßen Fruchtanteilen von Beeren und einer schönen sehr leckeren Eiche. Überraschend wenig Bitterkeit für das Alter. Sehr harmonisch. Mittel- bis langes Finish. Mit einer dezenten Verdünnung kommt auch beim finalen Teil die Frucht mehr heraus. Jedoch auch die Eiche wird präsenter, ohne aber herb zu wirken. Es bleibt gediegen aromatisch. Das Finish verlängert sich durch Wasser deutlich.
Fazit Dies ist mein erster Malt aus den 1970igern. Tolles Erlebnis so einen Malt einmal im Glas zu haben. Hat er mir gefallen? Ja! Absolut. Vor allem die Nase war eine Wucht. Der Geschmack konnte hier zwar nicht gänzlich mithalten, aber dies ist Jammern auf hohem Niveau. Die Sherryreifung ist nicht immer klar zu merken. Einerseits nach einer längeren Standzeit im Glas im Geruch und am Ende der Verkostung, als ich nochmals am leeren Glas roch, kamen klassiche Sherryaromen zum Vorschein. Aber ist dies schlimm? Nein. Ich denke, dass es 2nd oder 3rd Fill-Fässer gewesen sind, worin der Whisky seine 33 Jahre reifen durfte. Und die Fässer haben dem Malt eine Grundkomplexität vermittelt - so soll es sein. Beim derzeitigen Preis von fast € 1.200,- (lt. Whiskybase.com) erübrigt sich die Frage, ob ich mir eine Großflasche leisten will. Aber ich bin sehr froh, ihn im Glas gehabt zu haben.