Nase: Dicke Luftbläschen schmiegen sich beim Einschenken an die Glaswand. Von einer gezackten Flüssigkeitskante lösen sich nur zögerlich schwere Tropfen. Das zurückhaltende Bernsteingold des Malts wird schon in der ersten Nase durch eine intensive Aromenflut widerlegt. Hier ist nichts zurückhaltend!
Die intensive Süße kann sich im Blind Tasting zwischen einer kräftigen Ex-Sherry-Note oder Port nicht entscheiden – kein Wunder bei einem Ex-Rioja-Cask. Frucht, Süße, ein irgendwie staubig-mineralisch-getreidiges Gefühl und eine leichte Wachsigkeit kombinieren sich zu roten Trauben und Stachelbeertörtchen mit Baiser, oder besser roter Waldbeerenmarmelade auf Toast mit einer Tasse gesüßtem Früchtetee und einer Bienenwachskerze und Rosenblättern daneben. Nur ein leichter, Anis-ähnlicher Alkoholstich mit Fichtennadeln und Bohnenkraut begleitet diese Eindrücke. Keine enorme Entwicklung oder Abwechslung im Glas, aber eine sehr sehr leckere Aromenintensität!
Gaumen: Süß kleidet der Rioja-Glenallachie den Mundraum aus, der staubige Eindruck aus der Nase intensiviert sich in Trockenheit, der Malt scheint zugleich den Gaumen zu belegen und auf ihm zu verdunsten. Allzu lange kann man ihn kaum im Mund kreisen lassen, dann möchte man ob der Intensität nach Luft schnappen. Eine Wolke aus Baiser, Stachelbeeren, Honig in Müsliriegeln und Wachs zieht durch den Mundraum. An den Zungenrändern ziehen leichte Bitterstoffe entlang, deutlich aber nicht unangenehm, wie eine Mischung aus Lakritz, Limette und Erdnusshäuten.
Abgang: Kreide und Stachelbeeren, Marmelade und Wachs bestimmen in einem Wechselspiel aus Süße und Trockenheit auch den langen Ausklang, ergänzt durch etwas Marzipan, Vanille und Asche wie von einer leicht angekohlten Vanilleschote oder Zuckerrohr.
Bewertung: Diese Nase ist einfach grandios, da geht kein Weg dran vorbei. In Geschmack und Finish bleiben die Eindrücke zwar ähnlich, aber zugleich etwas zurückhaltender, und die mineralische Note wird dominanter, sodass der Gesamteindruck – wenn auch weiterhin wirklich exzellent – mit dem Auftakt nicht so ganz durchgängig mithalten kann.
N: 90 / T: 85 / F: 86 > gesamt: 87
--- "If you're lucky enough to enjoy a nice dram you're lucky enough"