Geruch: Der Crvache d'Or liefert nach einer halben Stunde des Sauerstofftankens sehr intensiv Honig, Mango und Pfirsich. Dahinter liegt der dunkle Weinkellerboden. Alles sehr klar und frisch angerichtet. Kräuter tauchen auf, ein ganz dezenter Frischehauch bezeugt die unverdünnten und additivlosen 45% dieses Spirits.
Geschmack: Kommt mit viel Frucht und Kräuterkraft in den Mundraum. Die Textur bleibt klar. Die Kräuter und der trockene Weinkellerboden übernehmen das Kommando; Honig, Pfirsich und Mango treten in den Hintergrund.
Abgang: Im mittellangen bis langen Abgang schließt sich der Kreis von der Frucht zur Würze: Nun stehen die Kräuter (Kerbel, Majoran) im Vordergrund, der trockene Weinkellerboden und nun auch ein paar alte Eichendielen. Die süße Frucht wandelt sich Richtung Grapefruit.
Fazit: Eine spannende Aromenreise von der Frucht zur Würze. Die Navarres sind absolut naturbelassen, also weder verdünnt noch mit Additiven versehen, und so können wir hier die Entfaltung der Charakteristik der Trauben- wie der Fass-Reife-Aromen nachverfolgen: In der Nase obsiegt noch die Fruchtigkeit mit viel Pfirsich, Honig und Mango. Am Gaumen kommen dann die Kräuter dazu und im Abgang sind der trockenen Weinkellerboden und die alte Eiche voll präsent. Ergibt für mich einen höchst spannenden 95-Punkte-Cognac (95.5-95-94). Diese goldene Peitsche (Cravache d'Or) ist also der Einstieg in die Cognac-Range von Jacky Navarre. Beeindruckend.
Nase: als ich die Flasche vor ca 2 Wochen geöffnet hab, war ich etwas enttäuscht. Wenig der Navarre-Fruchtigkeit, leicht alkoholisch und eher flüchtig. Heute dann sieht das schon anders aus. Direkt nach dem Einschenken zieht eine wunderbare Fruchtnote durch den Raum, Grapefruit und Limette, dann Mango und Ananas. Vanille und etwas Kokos dazu. Nicht so dicht und tief wie die beim älteren Bruder, aber trotzdem schick.
Mund: auch da hat er sich in den letzten Wochen geändert. Startet mit leichter Alkoholschärfe und relativ dünn. Nach und nach wird er öliger, die Früchte treten hervor. Deutlich mehr Holzeinschlag als der Vieille Reserve. Typische Fruchtnoten, tropisch, Mango, Papaya, Passionsfrucht. Etwas Pfirsich. Erinnert schon irgendwie an das Geschwisterkind, allerdings fehlt dem hier etwas die Raffinesse.
Abgang: Etwas kurz, anfangs leicht bitter, die Früchte verschwinden langsam. Dunkle Schokolade, viel Eiche, etwas Leder. Angenehm seifig.
Fazit: Merklich der „Kleine“ der Navarre Familie. Jugendlich ungestüm, wenn man das so sagen mag, im Vergleich. Trotz gleicher Trinkstärke etwas heftiger beim ersten Angriff, dann weniger gesetzt im Mittelteil, und auch in der B-Note etwas flacher.
Für den Standardpreis nicht meine erste Wahl im Bereich Ü20, da können andere für 10 Eu mehr besser abliefern. Trotzdem eine schöne „handcrafted“ Geschichte für Geniesser, denen der Vieille Reserve und der VT Hors d‘age vllt zu süß und tropisch sind!