Nase: Durchaus etwas angriffslustig in der Nase: ein stark ausgebranntes Fass mit karamellisiertem Holzzucker ist für mich sehr präsent. Pappschachtel und Bleistiftspäne. Auch etwas Tinte. Das geht alles in Richtung altes Holz. Dahinter wird es vielfältig fruchtig-süß: frisches Erd- und Himbeerpüree, süße und vollreife Koldkiwi, Saftorange, getrocknete Aprikosen, Birnen und Sultaninen. Alles sehr ausdrucksstark und ganz köstlich. Ein ordentlich pfeffriger Einschlag ist ebenfalls vorhanden. Und schließlich nehme ich noch dezente pflanzliche Anklänge mit frischem Heu, ätherischen Kräutern und Grünzweigen wahr sowie vielleicht etwas Tabakkiste.
Mund: Scharfer Antritt mit weißem Pfeffer, schon kurz vor der Grenze zur Hitzigkeit. Er brennt sich jedenfalls mal ordentlich in die Zunge ein. Dann holzig-süßlich, in Richtung Sandelholz. Viel Fassextrakt. Bald aber zum Glück wieder die ausgeprägte Fruchtigkeit mit milden, süßen Zitrusanklängen und einer weintraubigen Anmutung. Ein ganz klein wenig staubiger Dachboden.
Abgang: Hier wunderbar vollmundig, sämig-ölig, konzentriert sirupartig fruchtsüß. Unmengen frisches Erdbeerpüree und helle Weintrauben, dazu gut harmonierender, diesmal nicht zu scharfer Pfeffer. Ein wohlig-warmes Gefühl breitet sich im langen Abgang immer stärker im gesamten Mund- und Rachenraum aus.
Fazit: Als „gesetzt“ kann ich diesen 22jährigen Speysider nicht bezeichnen, dafür stürmen die vom - meinem Eindruck nach - stark ausgebrannten Fass eingetragenen Aromen doch noch etwas ruppig nach vorn. Der wunderbar charakterstarke und fehlnotenfreie Brand schafft es aber zum Glück, sich zu behaupten. So entsteht mit etwas Zeit (vor allem wenn ich ihn ausreichend lang am Gaumen halte) ein spannungsreiches Wechselspiel zwischen pfeffrigem Holz und intensiver, süßer Frucht. Den Abgang empfinde ich als lang, aktiv, ausdruckstark.
"Everything in moderation, including moderation." Oscar Wilde