Es gibt Gerüchte, dass Old Forester und Woodford Reserve quasi dasselbe sind - ersterer nur einfacher verpackt und etwas günstiger zu haben. Katze mal gleich aus dem Sack: Das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Dennoch gilt zu sagen, dass beide Bourbons zu großen Teilen aus derselben Destille stammen. Ansonsten: Old Forester nennt sich selbst "A Brand of Firsts", betont also, bei vielem die ersten gewesen zu sein, so auch beim Verkauf von Bourbon in abgefüllten Flaschen. Nun, erstmal folgt der direkte Blick in die Flasche...
Geruch: Ganz am Anfang etwas bissig-sauer, erinnert an Zitrone, kommt vielleicht vom Alkohol. Verfliegt jedoch schnell und es wird tiefer und herber... wir haben Eiche, gewisse Röstaromen, eine gewisse Würze.. Zimt, Nelken, Anis... Leder kommt auch... etwas Mon Cheri und Lebkuchen... alles in allem doch schon eher dunkel-herb JEDOCH ohne allzu viel Kraft. Interessante Kombination. Geschmack: Auch hier einiges an Holz, dazu etwas röstig-nussiges... Leder, etwas Tabak, Weihnachtsgewürze... eine gewisse Schärfe ist dabei. Zartbitterschokolade mit Kirsch- und Orangennoten. Abgang: Mittellang, leicht scharf-würzig. Trocken, etwas bitter-holzig... Tannine.
Er hat eine gewisse Herbheit und eichige Tiefe, jedoch ohne viel Kraft und Komplexität. Er hat insgesamt mehr als man von einem 43%er erwarten würde, wirkt aber etwas wässrig wenn man ihm mit größeren Kalibern vergleicht. Verbindet das Herbe gut mit "easy sipping". Alles in allem eine runde Sache, wenn man Preis und Alkoholgehalt bedenkt. :) Haut einen sicher nicht total um, aber man kann ihn gut haben.
Genauer besprechen wir das in unserem aktuellen Video. Auch gehen wir dort auf einige historische Verweise ein, die der Old Forester schon auf seinem Etikett macht. Wer reinschauen möchte ist herzlich eingeladen. :)
Nase: Hier geht es ziemlich klassisch zur Sache, ordentlich Eiche mit leichter Politurausdünstung und einem Hauch Menthol, sehr dunkler Karamell, Vanille, angenehme Maissüße untermalt mit fruchtigen Noten in Richtung Birne und Apfel, Waldmeister-Wackelpudding, subtil pfeffrig
Gaumen: Nach einem kurzen Lösungsmittelmoment wird auf die lackierte Eiche gebissen, nicht übertrieben bitter, aber schon erstaunlich holzig, Schuhcreme, angebrannter Karamell, bissl Waldhonig, grüner Apfel, Cocktailkirsche, gerösteter Mais, leicht nussig, etwas Vanille sowie eine Prise Zimt und ein Hauch Waldmeister nach längerem Kauen
Abgang: Eher kurz, getoastete röstige Eiche sorgt für eine holzige Grundlage, Maronencreme, deutlich mehr Vanille als im Geschmack, karamellisiertes Popcorn im Nachgeschmack
Bewertung: Besitzt alle Marker eines typischen Bourbons ohne nennenswerte Alleinstellungsmerkmale. Hier gibt es weder besondere Aromen noch Ecken und Kanten, die nachhaltig im Gedächtnis bleiben, aber wir bewegen uns hier auch in einem sehr niedrigen Preissegment und dafür macht er seine Sache wirklich gut. Die Devise hier ist „nicht lange nachdenken, sondern zwei Fingerbreit ins Glas und runter damit“.
“I definitely was attracted to similar things in punk and science. They both depend on a healthy dose of skepticism.” Greg Graffin