Information: Die Serie "Hämmerle Herzstück" der Destillerie Freihof beinhaltet hauptsächlich Obstbrände von (Wild-)Beeren und Raritäten. Sie zeichnet sich durch ein sehr enges Herzstück aus, was zu einem besonders feinen und eher filigranen Brand führt. Gelagert werden die Destillate (wenn überhaupt) für einige Monate im Stahltank. Abgefüllt werden die Brände seit jeher mit 42,0% Vol.
Ernte: 1989 Alter: <1 Jahre Reifung: Stahltank Herkunft: Heidelbeeren aus den hohen Tauern (Österreich)
Nase Eingangs noch verhalten macht sich herbe Waldfrucht bemerkbar, eher zur Wildheidelbeere tendierend. Typisch würzig-ätherische Stilistik, Kräuter, etwas Menthol, dezent floral, später leichtes Marzipan und feine grüne Zweige. Ab und an entfernt Waldhonig, Sprittigkeit und Maische. Für einen Fruchtbrand verhältnismäßig komplex. Im leeren Glas etwas Stein, zarte Maischestilistik und mehr Waldhonig.
Gaumen Würzig, Frucht anfangs im Hintergrund, später voller und süßer werdend. Konstant herb, krautig. Im Mittelteil hin wärmende Bittermandel, Milchkaffee gefolgt von zartem Menthol und abermals ätherischer Stilistik. Zu Ende hin plötzlich klare Waldheidelbeere.
Abgang würzig, zart prickelnd, angenehmen adstringierend. Dann herb fruchtig, gefolgt von Menthol und Bittermandel. Lang nachhallend, verspielter, komplexer Abgang. Deutlich verzögert feuchter Keller, feuchtes Holz, metallisch, mineralisch.
Kommentar Insgesamt für die Blaubeere sortentypische Aromatik, jedoch deutlich komplexer und verspielter wie die meisten Brände dieses Obstes. Gleichzeitig fällt die Nase etwas filigran aus und präsentiert keine glaubwürdige Frucht. Blind vorgesetzt würde der Laie hier wohl kaum eine Heidelbeere erkennen. (Interessanterweise wartet dieser Fruchtbrand auch mit ähnlichen Elementen älterer Holunderbrände auf; ist mir so bisher noch nie aufgefallen)
Auf der Flasche findet sich nur die Angabe „Heidelbeere – Wachstum Hohe Tauern“. Ich nehme aufgrund des Profils jedoch an, dass es sich um Wild-/Waldheidelbeeren oder einem Mix mit Kulturheidelbeeren handelt.
Der späte Abgang weiß mich nicht zu überzeugen. Ich vermute ganz stark, das hat tatsächlich mit der Flaschenreifung zu tun. Der Brand befand sich immerhin seit 1989 beziehungsweise 1990 in der verschlossenen Flasche. Der Korken war beim Öffnen im Sommer 2020 trocken und spröde, der Füllstand etwas unter Norm. Tatsächlich konnte ich ähnliche Off-Notes bereits bei mehreren Bränden aus den 90ern feststellen. In den meisten Fällen waren diese allerdings deutlich ausgeprägter als hier. Womöglich sollte uns dies zu denken geben.
Generell bin ich etwas zwiegespalten, was die „Herzstück“ Brände von Hämmerle betrifft. Die starke Beschneidung eben des Herzstücks führt zu einer recht aufgeschlossenen, klaren Stilistik, derer es aber häufig an Glaubwürdigkeit mangelt – die Frucht wirkt auf mich oft gar etwas kastriert. Dieser jedenfalls wusste mich alles in allem heute erstmals zu überzeugen. Ein Dank geht an meine Frau, die mir diese Flasche neben ein paar Heidelbeersträuchern zum Geburtstag schenkte!