Art: Blend Abfüller: Joseph E. Seagram & Sons (Canada) (SgrC) Alter: 6 Jahre Abfülldatum: 1967 Alkohol: 40% Vol. Preis: unbekannt Flaschengröße: 700 ml
Seagram's V.O. Canadian Whisky 1967 6y (WID 92190)
Farbe: Old gold
Nase: Auf Anhieb wird erkenntlich, das hier eine etwas ältere Machart im Glas Liegt. Auf Neudeutsch würde man im Spontanreflex sagen „irgendwie old school“. Nur in treffende Worte kann ich es nicht so ganz fassen. Die Nase ist sehr ausgewogen und wirkt fruchtig-blumig sowie staubig zugleich. Ich muss an die altem, großen strapazierfähigen Leinensäcke denken, in die wir in meiner Kindheit jeweils bis zu einen Zentner Äpfel bekommen haben, um sie dann zum Mosten zu bringen. Staubig wirkender alter Leinen und Lageräpfel treffen es in der Kombination recht gut. Fast ein wenig mit der Tendenz zu Apfelwein/Cidre. Hinzu kommt eine eher herbe Kräuternote, die mich an Heidekraut, Oregano und Majoran erinnert. Und dann ist da schließlich noch das alte Eichenholz. Auch staubig, knochentrocken und vergleichsweise holzig. Allerdings bewegt es sich eher ganz entspannt im Hintergrund, denn aufgeregt im Rampenlicht den Kraftprotz zu mimen. Mit einer Standzeit von über 30 Minuten kommt schließlich sogar ein schönes herbes Schokoladenarome zur Geltung. Und mehr noch: auf einmal sind ganz deutlich Rosinen präsent. Die Vorfreude auf das geschmackliche Kennenlernen steigt.
Mund: Weich und ölig trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Das Mundgefühl ist kurz vor dünn, aber passt. Geschmacklich finde ich vieles aus der Nase wieder. Den Auftakt machen ein herber Getreidegeschmack und Rosinen. Der Mund bestätigt den staubig-kräuterigen Eindruck der Nase. Lageräpfel sind zwar hintergründig zu erahnen, aber den eigentlichen Ton geben staubig wirkendes, altes und knochentrockenes Eichenholz sowie herbe Kräuter an. Ich bleibe dabei: Heidekraut, Oregano und Majoran. Mit der Tendenz zum leicht Erdigen. Im Übergang zum Finish deuten sich geschälte Mandeln an. Zum wiederholten Male blitzt aus dem Hintergrund etwas Blumiges durch, was mich an Veilchen erinnert. Das einzige Manko ist für mich die Geschmacksentwicklung. Insbesondere bei den ersten Schlückchen erweist sie sich leider als sehr kurz. Später heilt der anhaltende Nachgeschmack diesen flüchtigen Eindruck etwas.
Abgang: Das Finish ist mittellang bis lang. Ohne größere Überraschungen klingen die einzelnen Facetten des Geschmacks nach. Am längsten halten sich dabei das staubige alte Eichenholz und die herben Kräuter. Einerseits wird es gegen Ende immer trockener, andererseits hält sich ein gewisser Speichelfluss bis zum finalen Vorhang. Als hätte man Mandelsaft oder so im Mund.
Charakter: Ein leckerer Blend aus alten Tagen. Staubiges altes Eichenholz sollte man genauso mögen, wie herbe, erdige Kräuter. Ansonsten für mich im positiven Sinne überraschend vielfältig in der Nase und auch im Geschmack. Allein von der Geschmacksentwicklung und vom Mundgefühl sollte man sich nicht zu viel erwarten.
Bewertung: Ein leckerer und spannender Blend, bei dem ich mir lediglich eine etwas langsamere und nachhaltigere Geschmacksentwicklung gewünscht hätte. Für die überraschende Erinnerung an die schweren alten Leinensäcke aus meiner Kindheit gibt es von mir heute gute 87 Punkte.