Frucht: Marille (Aprikose, Steinobst) aus der Wachau (Österreich) Reifung: Glasballon (offen) Alkoholgehalt: 50,0% VOL.
Preis: ~138€ (35cl), ~235€ (70cl) (11.2020)
Information: Für den Marillenbrand verwendet Rochelt ausschließlich Aprikosen aus der Wachau, welche bei Vertragsbauern kultiviert werden. Die Früchte werden in den Gärten Mitte Juli, nachdem sie selbstständig vom Baum gefallen sind, in drei bis vier Durchgängen pro Tag, per Hand eingesammelt und täglich vor Ort eingemaischt. (Leider habe ich keine Angaben inwiefern der Stein entfernt wird.) Anfang August wird die Maische zweifach destilliert (Rau- & Feinbrand). Die Lagerung erfolgt in offenen Glasballons am nicht klimatisierten Dachboden der Brennerei.
Für 1L Endprodukt werden je nach Saison 30-35kg Marillen benötigt. Ein kleiner Nipper trägt so gut und gerne die Kraft einer ganze Marille inne.
Ernte: 2013 Alter: 7 Jahre Reifung: Glasballon (offen)
Nase im Rochelt Schnapsglas dichtes Aroma einer vollreifen warmen Marille bis hin zur Marillenmarmelade, teils schon überreife zur Maische neigende Frucht, für die Marille typische florale Noten (Rosen) und Marzipan schwingen mit. Insgesamt sagenhaft glaubwürdig. Kein Alkohol zu vernehmen. Das leere Glas tendiert deutlich in Richtung Maische. im Glencairn Alkohol tritt zu Beginn deutlich zu Tage, die Marille insgesamt weniger intensiv und glaubwürdig, dafür feiner aufgedröselt. Im leeren Glas anfangs deutlich mehr Maische, später klare Zitronenverbene.
Gaumen Eingangs wenig spezifisch mit mächtigem Körper, suggestive Fruchtsüße, hauchzarte Würzigkeit. Die Marille entwickelt sich eher langsam, deutlich zu erkennen, wenn auch nicht in der Klarheit von Nase und Abgang, verblasst nach einigen Sekunden im merklichen Speichelfluss wieder. Der Alkohol ist ausgezeichnet eingebunden und ist nur durch die Würze zu erahnen.
Abgang dezente Bittermandel, trocken (am ehesten dem Alkohol geschuldet), die Frucht baut sich zeitverzögert mit minimalen Steinanteil wieder auf und hallt lange nach, mit größerer Tendenz zur stark eingekochten Konfitüre, etwas zartes Geäst, nach einigen Minuten leichte Nachlauf-Charakteristik
Kommentar Im Gespräch mit Schnapsbrennern stelle ich immer wieder fest, dass gerade der Marillenbrand – ein österreichischer Klassiker – die Produzenten spaltet. Während einige auf einen sehr klaren, eher filigranen Brand setzen, versuchen andere hochprozentige Marillenkonfitüre zu erzeugen. Letzterer Stil fordert üblicherweise ein nach hinten ausgedehntes Herzstück, was vor allem zu den auch hier zu findenden Maische- beziehungsweise Nachlaufnoten führt. „Schlichtweg Brennfehler“, wie mich Martin Schosser letzthin wissen ließ. Für mich – wenn man so will – absolut schätzenswerte Brennfehler!
Meiner Meinung nach typisch für Rochelt liegt die Stärke dieses Brandes in der realistischen Nase und dem ausgedehnten Abgang. Der Gaumen hingegen ist gefällig, energiegeladen und süffig, hinkt aber in Fruchtpräsenz und Sortentypizität etwas hinterher.
Umso spannender, dass Alexander Rainer (Brennmeister) mir gegenüber meinte, für ihn müsse es sich im Mund abspielen [und die Nase sei nebensächlich]. Kann ich absolut nicht nachvollziehen, erklärt aber das hauseigene Schnapsglas, welches mit etwa 3cl Gesamtvolumen quasi keinen Raum für Verdunstungsoberfläche lässt. Zu diesem greife ich aber doch bei weitem lieber als zum Glencairn, welches den Brand eher zerlegt, als die Frucht glaubwürdig in ihrer Gesamtheit strahlen zu lassen.