Kilchoman 2007/2019 MoS Cask 151/2007 (WID 131683)
Farbe: Pale gold
Nase: Dieser erste Eindruck ist bemerkenswert ausgewogen. Der Islay-Torfauch ist zwar kraftvoll da, lässt aber intensiven Getreide-, Malz- und Zitrusnoten von Beginn an überraschend viel Platz. Der hohen Fassstärke zum Trotz wirkt alles sehr mild und harmonisch. Hinter dem Getreide und den Zitronenschalen bewegen sich frische grüne Äpfel. Etwas Anis sorgt für eine angenehme Würze. Der milde dichte Torfrauch und das leckere Getreide sind wirklich durchweg präsent. Dazu gibt es eine Messerspitze Honig und für einen Moment blitzen überreife, leicht angegorene Birnen durch. Eine frische Meeresbrise fegt sie hinfort und bringt mich schnell wieder zu den Zitronen, dem Torfrauch und dem Getreide zurück. Mit dem Gedanken an trockene Strohballen nehme ich den ersten Schluck. Ein Teelöffel Wasser auf 3cl betont die hellfruchtige Seite etwas mehr. Dafür treten die satten Cerealien etwas in den Hintergrund.
Mund: Leicht ölig trifft der Tropfen auf die Zungenspitze. Erst mild und dann zunehmend kraftvoll. Getreide und Malz fluten zusammen mit einem Hauch Vanille den Mund. Helle Früchte sind auch dabei, aber der intensive Torfrauch und eine ordentliche Prise Pfeffer sorgt dafür, dass ich sie beim ersten Schluck nicht im Einzelnen greifen kann. Der Pfeffer schlägt stark auf die Zunge und von einem angenehmen Prickeln begleitet, erhöht Mundtemperatur gefühlt um mehr als ein Grad. Eichenholz und Mandeln gesellen sich hinzu. Alles insgesamt relativ saftig, allerdings nicht von der fruchtigen Art. Stattdessen gibt es einen würzig-herben Getreide-Eichen-Torf-Saft. Mit dem dritten Schluck begrabe ich die Idee, einzelnen hellen Früchten auf die Spur zu gehen. Zumal statt heller Früchte immer stärker ein herber Kräutermix durchkommt. Davon ab, sind Torf, Eiche und Getreide zusammen mit dem Pfeffer einfach zu stark.
Abgang: Der Abgang ist lang und wärmend. Milder Torfrauch umwabert auf herbem Eichenholz und leicht bitteren Mandelsplittern gebettetes Getreide. Der Fußabdruck des Pfeffers ist noch lange präsent und zum Schluß legt sich eine dezent rauhe Schicht aus Eichenholz, Torfrauch und kaltem schwarzen Kaffee auf die Zähne.
Charakter: Ein rundum schöner fassstarker Kilchoman. Getreide, satter milder Islay-Torfrauch und Eiche stehen hier im Vordergrund. Begleitet von ordentlich viel Pfeffer und mit Zitrusfrüchten respektive hellen Früchten abgeschmeckt. Kraftvoll. Intensiv. Statt an der Islay-Küste stehe ich inmitten eines küstennahen reifen Gerstenfeldes. Diese Assoziation beeindruckt mich am meisten. Ursprünglich. Ehrlich. Getreide.
Bewertung: Da ich gestern den Laphroaig 2004 MoS Cask 20020 im Glas hatte, drängt sich ein Vergleich auf. Der Kilchoman wirkt im Vergleich etwas grantiger und auch kantiger. Womöglich sogar etwas ursprünglicher im Sinne eines Getreidedestillats. Mit einem besser oder schlechter tue ich mich schwer. Der Laphroaig liegt für mich eine klitzekleine Nasenlänge vorne, weil ich seinen etwas intensiveren maritimen Einschlag einfach klasse finde. Der Kilchoman ist aber auf Augenhöhe und je nach Stimmungslage greift man halt zum einen oder zum anderen. Mal geht es direkt zum Strand und mal ins nahegelegene Gerstenfeld. Von mir gibt es heute satte 90 Punkte.