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FASSSTARK.DE: Exclusiv Interview mit Martin Diekmann (Maltbarn)

FASSSTARK.DE: Exclusiv Interview mit Martin Diekmann (Maltbarn)

20.02.2022 16:53

FASSSTARK.DE: Exclusiv Interview mit Martin Diekmann





Die Geschichte eines deutschen unabhängigen Abfüllers


Vielen Whisky Genießern und Besuchern von Whisky Messen ist das Label Maltbarn und damit auch Martin Diekmann sicher seit längerer Zeit ein Begriff. Wir möchten Euch hier einen kleinen Einblick geben, wie „Maltbarn“ 2011 entstand, und führten ein Interview mit Martin, in dem wir ihn zur Geschichte und Philosophie von „Maltbarn“, aber auch zur aktuellen Situation und Entwicklung des „Whisky – Business“ befragt haben.

nwzonline.de berichtete Martin Diekmann 2017, dass der Ursprung zu „Maltbarn“ im Jahr 2008 zu finden ist. Zu diesem Zeitpunkt stellte er sich die existenzielle Frage, ob er in seinem Beruf als Börsenreporter den Menschen eigentlich die Wahrheit sagt, und kündigte, nachdem er eine Antwort für sich gefunden hatte, einfach seinen Job, ohne einen Plan B in der Hinterhand zu haben.

Seinen ersten Whisky trank Martin bereits Anfang der 90er als er mit seinen Eltern nach Helgoland gesegelt war, um dort Urlaub zu machen. Ein Highland Park erfreute damals seinen Gaumen, entfachte aber noch keine dauerhafte Liebe zum Uisge Beatha, denn bis zum nächsten Whisky dauerte es noch etwas.

1997 zog es ihn zum ersten Mal in das Land des Whiskys, allerdings, wie er selbst sagte "nur der Landschaft wegen“ und weiter berichtete er: „Unterwegs habe ich zwei Whisky bestellt“. Er war damals eben noch ein Liebhaber von Hopfen und Malz. Als er 1998 dann mit seinem Freund Oliver Morawietz, dem whiskybegeisterten Musiker Whisky Mo, nach Schottland zurückkehrte, lernte er in dieser Zeit, den Geschmack des Whiskys zu lieben und schätzen.

Seine berufliche Zukunft sah Martin zu der Zeit aber eben noch ganz woanders. Er studierte damals Umweltwissenschaften in Lüneburg, spekulierte „nebenbei“ ein wenig mit Aktien und war als freiberuflicher Lokalreporter unterwegs. Die Konstellation Lokalreporter und Aktien sorgte dann dafür, dass er zunächst als Redakteur und kurze Zeit später als freier Mitarbeiter für die Financial Times Deutschland arbeitete. Die Leidenschaft für den Whisky hatte ihn zu der Zeit aber bereits fest im Griff und so berichtete er im März 2004 für die Beilage „Weekend“ der Financial Times Deutschland über das erste Whisky-Seminar bei Bruichladdich. 2011 kaufte er schließlich seine ersten beiden Whiskyfässer. Er ließ sie abfüllen und verkaufte sie auf der Whisky Fair in Limburg, wo sie überraschend gut ankamen. Seine Geschäftsidee war geboren und in Anlehnung an den 1840 erbauten Hof, auf dem er mittlerweile wohnte, bekam sein Label den Namen „Maltbarn“.

Seit dem Kauf dieser ersten beiden Whisky-Casks, einem 30 Jahre alten Caol Ila und einem 39 Jahre alten Caperdonich, die beide in Sherry Butts gereift waren, geht Martin seinen ganz eigenen Weg. Das einzige Kriterium für eine Abfüllung unter seinem Label ist für ihn die Qualität eines Whiskys. „Der neueste Hype, tolle Marketing-Tricks oder extrateure Holzkisten“ interessieren ihn nicht, nur schmecken, schmecken muss der Whisky ihm selbst! Auch viele Fotos auf dem Label seiner Abfüllungen stammen von ihm und sind vor Ort in der Umgebung seiner „Maltbarn“ aufgenommen worden, womit er uns einen kleinen Einblick in die Umgebung, in der er lebt, gewährt und die uns, wie er selbst auf seiner Website berichtet, die Wichtigkeit dieses Ortes für ihn und seine Familie deutlich machen möchten. Mittlerweile verkauft das Familienunternehmen seinen Whisky weltweit und kommt bis heute auf stolze 186 Abfüllungen.

Einen eigenen Online-Shop betreibt Martin nicht, bestellt werden kann nur per e-mail, was bei der Anzahl verfügbarer Flaschen pro Abfüllung und dem Turnus ihres Erscheinens durchaus auch sinnvoll ist. Da seine Abfüllungen mittlerweile sehr beliebt und schnell vergriffen sind, benötigt er aber auch keinen Online-Shop. Die Durchschnittsbewertung von 87,86 Punkten aller seiner in der Whiskybase geführten Abfüllungen spricht ebenfalls dafür, dass er den Geschmack der Genießer trifft. Aktuell (Stand 20.02.2022) liegen 26 seiner Abfüllungen über der magischen 90 Punkte Grenze. Das sind immerhin 13,97 % seiner Abfüllungen…









fassstark.de: Moin Martin, wir freuen uns, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns genommen hast.

Wir haben erfahren, dass Du Mitglied der Malt Maniacs warst?

Martin Diekman: Ja, ich war Mitglied des deutschen Ablegers, musste dann aber mit Beginn meiner Selbstständigkeit die Mitgliedschaft beenden.


fassstark.de: Apropos Selbstständigkeit. Wer sich ein wenig mit Dir und Maltbarn beschäftigt, merkt, dass Dir Deine Familie sehr wichtig ist. War der Schritt in die Selbstständigkeit diesbezüglich eher Fluch oder Segen?

Martin Diekman: Ich habe in meiner Zeit als Journalist auch überwiegend von zu Hause gearbeitet und hatte zu der Zeit „nie Feierabend“. Somit hat sich da für mich gar nicht so viel verändert.


fassstark.de: Wie siehst Du Whisky persönlich? Eher Genuss oder doch mehr Business?

Martin Diekman: Für meine Tätigkeit als UA habe ich viele Proben zu verkosten und komme privat kaum noch dazu, Whisky zu genießen. Ich habe privat auch aufgehört Whisky zu kaufen da ich ja auch immer Whisky im Haus habe *lacht* Ich würde auch lieber kleinere Flaschen abfüllen als die 70 cl. Das würde aus meiner Sicht Sinn machen, da man die 70cl ja erst mal austrinken muss, was zu Lasten der Vielfalt gehen kann. Du kannst heute den Whisky, den Du kaufst auch kaum noch probieren und hast dann 70 cl eines Whiskys, der Dir vielleicht nicht so zusagt…


fassstark.de: Du legst bei Deinen Abfüllungen besonderen Wert auf Qualität. Wenn man den Markt beobachtet, muss ein Bottling heute in erster Linie auch „massentauglich" sein. Ist das für Dich ein Widerspruch in sich oder bedienen Qualität und Massentauglichkeit eine jeweils andere Klientel?

Martin Diekman: Darüber mache ich mir weniger Gedanken, da meine Kunden doch sehr „speziell“ sind. Darum bin auch nur noch auf ausgewählten Messen zu finden, auf denen diese Kunden vertreten sind. Ich hoffe, dass Limburg in diesem Jahr endlich wieder stattfinden kann. Das ist eine Messe nach meinem Geschmack, weil so viele Whisky-Verrückte dort sind.


fassstark.de: Apropos Massentauglichkeit … Heute ist ja Fermutation Day. Glaubst Du, dass eine gute Geschichte zum Bottling und gutes Marketing heute ein Muss sind? Es hat ja den Anschein, dass diese Methode „zieht“…

Martin Diekman: Marketing ist nicht meine Welt, dazu sind meine Auflagen und Kapazitäten auch zu gering und meine Kunden zu speziell. Im großen Stil kann das aber durchaus Sinn machen.


fassstark.de: Ich vermute die Bewertung Deiner Abfüllungen in der Whiskybase spielt für Dich eine eher untergeordnete Rolle. Täuscht der Eindruck bzw. welche Bedeutung misst Du diesen Wertungen bei?

Martin Diekman: Der Eindruck täuscht nicht, aber ich schaue da ab und zu schon mal rein. Zu viel Bedeutung messe ich Ihnen aber nicht zu, da hin und wieder auch mal „schmu“ dabei ist.


fassstark.de: Wie wichtig ist Dir Kundenbindung?

Martin Diekman: Ich habe mir einen recht großen Kundenstamm erarbeitet. Mein Newsletter geht an mehr als 500 E-Mailadressen und wir liefern mittlerweile in 19 Märkte zu denen seit neuestem auch China zählt. Das ist für die Auflage, in der meine Bottlings erscheinen, schon sehr anspruchsvoll.


fassstark.de: Man hört ja immer „früher war alles besser“, vor allem der Whisky. Ist das aus Deiner Sicht auch so und „muss“ ein Whisky alt sein um gut sein zu können?

Martin Diekmann: Was heißt besser? Früher war es interessanter! Je nachdem, wann der Stillman den „Hebel“ umlegte, hatte man halt Ausreißer nach oben oder unten. Heute haben wir eine konstant gute Qualität, aber es ist eher langweiliger geworden.


fassstark.de: Wenn Du mal zurückblickst über die Zeit, die Du im Whiskybusiness bist. Wie hat sich die Situation für Euch UA`s im Lauf der Zeit verändert?

Martin Diekmann: Der Zeitdruck und das finanzielle Risiko sind gestiegen. Whisky aus den 90er Jahren bekommt man so gut wie gar nicht mehr, von noch älteren Jahrgängen ganz zu schweigen, und die Preise haben sich durch die Bank in den letzten Jahren mindestens verdoppelt, oft verdrei- oder vervierfacht. Das macht es nicht einfacher.


fassstark.de: Hat sich die Qualität des Whiskys, den Ihr bekommt dadurch verschlechtert? Es wird ja vieles „noch mal gefinisht“…

Martin Diekmann: Was heißt verschlechtert … bei dem ein oder anderen Whisky kann finishen durchaus funktionieren und somit auch für manche Gruppen ein zweites Standbein sein. Ich habe das auch schon mal gemacht, aber das ist grundsätzlich nicht mein Anspruch.


fassstark.de: Kommen wir kurz auf den Brexit. Welche Probleme hat er gebracht?

Martin Diekmann: Es gibt kaum noch Lager-Kapazitäten und die Lieferzeiten sind gestiegen. Du musst schon mal mit Lieferzeiten von einem ½ Jahr kalkulieren.


fassstark.de: Die Corona Pandemie hat zu steigenden Absätzen im Spirituosenbereich geführt und da in allen anderen Bereichen heruntergefahren wurde fehlt es aktuell an Flaschen, Korken, usw. . Denkst Du, dass, da aus diesem Grund aktuell weniger auf den Markt kommt, sich der Markt etwas entspannt oder wird man versuchen das „Versäumte“ später wieder aufzuholen?

Martin Diekmann: Es gibt aktuell sicher Schwierigkeiten und es wird sich vermutlich wieder normalisieren, aber mit „Nachholbedarf“ rechne ich nicht.


fassstark.de: Wie siehst Du die weitere Entwicklung im Bezug auf Genießer, Sammler und Geldanleger? Wir Genießer sind da ja eine eher kleine Gruppe, mit der man aber durchaus Einnahmen generieren kann. Spielen wir da eine Rolle bei den Produzenten?

Martin Diekmann: Die Genießer sind da kaum im Blickpunkt. Dazu passen die Ausrichtungen der Brennereien auch weniger. Da geht es generell um Kapazitäten und Absatz…


fassstark.de: Was ist Deine Meinung zum Sekundärmarkt?

Martin Diekmann: Der Sekundärmarkt ist für mich kein Thema, aber ich versuche schon, wo ich es kann, das Flippen zu unterbinden.


fassstark.de: Schottland baut ... Destillerien und Lagerhäuser. Hat das Einfluss auf die Preise, weil irgendwann mehr zur Verfügung steht oder geht es dabei um Lagerraum, um künftig wieder ältere Whiskies anbieten zu können?

Martin Diekmann: Ich denke hier geht es rein um Kapazitäten, da die Produktionsmenge steigt.


fassstark.de: Was denkst Du, werden die Preise weiter steigen und das Luxusgut Whisky noch teurer, oder platzt die Whiskyblase?

Martin Diekmann: Ich denke, die Preise werden noch steigen, aber dauerhaft geht das nicht so weiter. Die Zeit hat gezeigt, dass es immer wenn es aufwärts ging, irgendwann auch wieder abwärts ging. Zuletzt Ende der 70er Anfang der 80er…


fassstark.de: Welche Whiskies magst Du persönlich?

Martin Diekmann: Caol Ila geht eigentlich immer und Lagavulin hat ebenfalls einen hohen Standard. Aber auch Brennereien wie Aultmore oder Tullibardin finde ich ganz spannend. Die Distillers Edition von Caol Ila liegt mir persönlich, vermutlich auf Grund der Moscatel Casks, aber nicht…


fassstark.de: Du hast der NWZ 2017 mal gesagt „In 20 Jahren werde ich wohl mit etwas anderem handeln….“ Wie siehst Du das heute?

Martin Diekmann: Das wäre möglich, aber man muss generell mal schauen wie es sich entwickelt. Bei den Überlegungen spielt sicher vieles eine Rolle. Aber aktuell macht es mir noch Spaß.


fassstark.de: Vielen lieben Dank Martin, dass Du Dir die Zeit genommen hast unsere Fragen zu beantworten und wir wünschen Maltbarn, aber vor allem Dir und Deiner Familie alles Gute für die Zukunft.

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