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Rauch, Torf und ppm

Rauch, Torf und ppm

27.08.2021 15:50



In diesem Beitrag dreht sich alles um den Rauch und die Frage, wie er in den Whisky kommt, welche Rolle Torf bei der Sache spielt und er zeigt, dass die Einheit ppm nicht das Maß aller Dinge ist.


Für viele Whiskyliebhaber gehört eine gewisse torfige Rauchnote zu einem komplexen runden Single Malt dazu. Für manche kann es sogar gar nicht rauchig genug sein, wohingegen andere die medizinischen Rauchnoten eher als abstoßend empfinden und lieber zu vollkommen rauchfreien Abfüllungen greifen. Aber nicht nur die Geschmäcker sind verschieden, auch beim Torfrauch gibt es Variationen, welche die Single Malts in ihrer Aromatik besitzen können, von heftig medizinisch bis süßlich und mit Gewürz- oder Kräuternoten versehen sind verschiedene Abstufungen erkennbar.

Im folgenden Beitrag soll zunächst aufgezeigt werden, wie Torf, der Rohstoff für die rauchigen Komponenten im Whisky, in der Natur gebildet wird, welche chemischen Stoffe nach dem Darren über dem Torffeuer im Malz und dadurch im anschließend erzeugten Destillat enthalten sind, wie die Art und Herkunft des Torfes sowie die Temperatur des Feuers auf die entstehenden chemischen Stoffe Einfluss nehmen und welche Bedeutung der Angabe des Phenolgehalts in ppm beigemessen werden kann.

Die Entstehung von Torf

Damit Torf entstehen kann, benötigt es zunächst ein Moor, also eine dauerfeuchte und sumpfartige Landschaft, welche sich in ihrer Vegetation hauptsächlich durch Torfmoose und Gräser auszeichnet.



Durch den Sauerstoffmangel im Boden, der durch die konstante Wasserhöhe in den Moorgebieten hervorgerufen wird, können die Zersetzungsprozesse nur sehr langsam und nicht vollständig ablaufen. Gleichzeitig sorgt der saure Boden für eher schlechte Lebensbedingungen von Bakterien. Dadurch übersteigt der Mengenzuwachs pflanzlicher Biomasse dem gleichzeitigen Mengenabbau durch Mikroorganismen; kurz gesagt, die Pflanzen wachsen schneller, als sie später wieder zersetzt werden. Die abgestorbenen Pflanzenreste werden durch die darüber liegenden Schichten zusammengepresst und es bildet sich sehr langsam der sogenannte Torf, ein aus nicht vollständig abgebauten Pflanzenbestandteilen gebildetes Sediment, das die erste Stufe der Inkohlung, also der natürlichen Entstehung von Kohle aus pflanzlicher Biomasse, darstellt. Das Höhenwachstum des Torfs erfolgt im Durchschnitt mit ungefähr einem Millimeter pro Jahr.

Je weiter unten sich die Schichten in einem Torflager befinden, desto stärker ist der Zersetzungsgrad der Biomasse, aufgrund des höheren Drucks, der längeren Verweildauer und auch der zeitweisen Durchlüftung während der Torfentstehung. Somit kann man aus den einzelnen Schichten eines Torflagers verschiedene Arten von Torf mit unterschiedlicher Zusammensetzung gewinnen [1, 2].

Die Verwendung von Torf

Getrockneter Torf wurde aufgrund seiner guten Brennbarkeit schon lange als Heizmaterial verwendet, besitzt einen Heizwert von 20-22 MJ/kg und ist in dieser Hinsicht vergleichbar mit Braunkohle. Das manuelle Torfstechen und die Nutzung von Torf als Brennmaterial hat in der gemäßigten Klimazone eine lange Tradition. Schon Plinius der Ältere berichtet von der Nutzung dieses Brennstoffs an der Nordseeküste [3].



Die hohe Verfügbarkeit von Torf in Schottland dürfte zunächst einer der Hauptgründe der Verwendung dieses Brennmaterials anstelle der teureren Kohle beim Darren des Malzes im Trocknungsofen, der sogenannten Kiln, gewesen sein. Doch schon bald wurde Torf auch aus Qualitätsgründen verwendet. Sir Robert Moray schreibt 1667 in seinem Beitrag „The Making of Malt“ in The Philosophical Transactions of the Royal Society:

„The best Fuel [for malting], is peat, the next charcoal, made of pit-coal or cinders... If there be not enough of one kind, burn the best first, for that gives the strongest impression, as to the taste.“

Auch wenn Holzkohle mit 33,5 MJ/kg einen besseren Heizwert als Torf besitzt, ist also aufgrund des stärkeren Geschmackseintrags Torf beim Trocknen des Grünmalzes vorzuziehen.
In den Frühzeiten der Whiskyherstellung wurden alle Schichten des Torfs für den Trocknungsvorgang verwendet. Die obere, weniger zersetzte Schicht, der sogenannte Weißtorf, der einen hohen Anteil an faserigem Pflanzenmaterial aufweist, verbrennt sehr unvollständig und gibt dabei viel Rauch ab. Die unteren Schichten, als Braun- und Schwarztorf bezeichnet, sind hingegen deutlich weiter in ihrer Zersetzung fortgeschritten und sorgen durch die vollständigere Verbrennung für weniger Rauch und dafür für mehr Hitze und Feuer. Heutzutage werden für die Hitzeerzeugung andere Brennstoffe hergenommen, sodass meist nur noch der Weißtorf für die Entstehung der typischen Aromen des getorften Malzes Verwendung findet [4].

Chemische Verbindungen des Torfrauchs

Diese geschmacksprägenden Stoffe, die bei der unvollständigen Verbrennung des Torfs entstehen, gehören u.a. zur Gruppe der Phenole, einer chemischen Stoffklasse, die einen aromatischen Ring und eine daran gebundene Hydroxygruppe (OH-Gruppe) besitzt. Der Ausdruck „Phenolgehalt“ bei Whisky ist deshalb ein wenig irreführend, da man meinen könnte, es geht nur um den Stoff Phenol, was jedoch nicht stimmt, da im Torfrauch viele verschiedene Phenole enthalten sind, die dem trocknenden Malz jeweils unterschiedliche Aromen beifügen.
Das Phenol stellt das einfachste, vom Benzol (ein aromatischer Kohlenstoff-Sechsring) abgeleitete, Phenol dar.
Dieser Stoff ist zwar auch im Torfrauch enthalten, liefert aber nur einen geringen Beitrag für die charakteristischen Torfraucharomen im Malt Whisky, wie im Folgenden zu erkennen sein wird.

In mehreren Untersuchungen wurden die verschiedenen phenolischen Komponenten in getorftem Malt Whisky ermittelt und auch deren Beitrag zum Gesamtaroma überprüft. Dies erfolgte durch die sogenannten „flavour dilution (FD) factors“, übersetzt bedeutet dies die Aromaverdünnungsfaktoren. Dabei werden Proben der jeweiligen Aromen gewonnen, in Lösung verdünnt, anschließend verflüchtigt und geprüft, ob man sie noch geruchlich wahrnehmen kann. Wird zum Beispiel eine Probe mit dem Lösungsmittel im Verhältnis 1:4 verdünnt, erhält es den FD 4. Falls der Stoff dann nach der Verflüchtigung noch wahrgenommen werden kann, erfolgt eine weitere Verdünnung um den Faktor 2 und eine weitere Prüfung der Wahrnehmbarkeit. Die Idee dahinter ist, dass man mit steigendem Verdünnungsgrad die Konzentration der Einzelkomponente immer weiter absenkt. Dementsprechend sind die Stoffe, die beim höchsten Verdünnungsgrad nach Verflüchtigung noch wahrgenommen werden können, diejenigen Substanzen, die das Gesamtaroma am meisten bestimmen, und diese besitzen den größten FD [5].
Hier nun eine Tabelle zu den gefundenen Phenolen mit den jeweiligen sensorischen Eigenschaften und ihrem FD-Faktor [6]:



Wie man der Tabelle entnehmen kann, ist die Bedeutung von Phenol für die Aromagebung im Vergleich zu den anderen Phenolen sehr gering.
Natürlich ist für den Gesamtbeitrag zum Aroma des Whiskys nicht nur die „Riechbarkeit“ des Stoffes entscheidend, sondern auch dessen Konzentration. Aber auch hierzu wurde bei einer Untersuchung von zwei Whiskyproben festgestellt, dass Phenol in einer ähnlichen Massenkonzentration wie Guajacol in getorftem Whisky enthalten ist und sogar in einer geringeren Massenkonzentration als p-Kresol [7].
Weitere im Torfrauch entdeckte Phenole sind u.a. Kreosol (süß-würzig, leicht nach Vanille), o-Kresol (muffig, medizinisch), m-Kresol (holzig, ätherisch), Xylenole (süß, medizinisch) und Eugenol (würzig, Zimt, Nelken) [4].

Unterschiedliche Zusammensetzungen des Torfrauchs

Welche Zusammensetzung an chemischen Stoffen der bei der Verbrennung entstehende Torfrauch und dadurch auch das getrocknete Malz besitzen, hängt von mehreren Faktoren ab. Natürlich macht es einen Unterschied, aus welchen Schichten die beim Verbrennen benutzte Torfmischung zusammengesetzt ist, also wie tief der Torf bei seiner Gewinnung aus dem Boden gestochen wird und damit einhergehend, wie stark der Zersetzungsgrad des im Torf enthaltenen Pflanzenmaterials ist. Dieser Effekt wurde schon beim Vermarkten der „Peaty Collection“ des anCnoc Single Malts der Knockdhu Brennerei geschickt eingesetzt. Ob hier allerdings wirklich unterschiedliche Torfarten beim Darren des Malzes hergenommen wurden, darf zumindest bezweifelt werden, da, wie schon erwähnt, meist nur noch die obere Torfschicht bei der Malzherstellung Verwendung findet.



Wichtiger hingegen ist die Herkunft des Torfes aufgrund der unterschiedlichen Vegetation, die in den jeweiligen Mooren vorzufinden ist. So besitzt der Torf der Insel Islay eine andere Zusammensetzung als der Torf der Insel Orkney oder jener des schottischen Festlands wie aus St. Angus in Aberdeenshire oder wie aus der Tomintoul Region. Diese Torfe setzen beim Verbrennen im Gegensatz zum Islay-Torf weniger medizinische und mehr süßliche Rauchnoten frei [8].
Einen weiteren deutlichen Unterschied macht auch die Temperatur, bei der die Verbrennung stattfindet und wie lange der Trocknungsvorgang des Malzes andauert, was u.a. vom Aufbau der Kiln abhängt. Die maximale Rauchadsorption an der Oberfläche der gemälzten Gerstenkörner findet bei einem Feuchtigkeitsgehalt von 15 - 30% statt. Sinkt der Feuchtigkeitsgehalt unter 15% zieht der Rauch größtenteils nur noch am Malz vorbei. So können durch einen langsamen Trocknungsvorgang mehr rauchige Komponenten aufgenommen werden [4].
Gleichzeitig ändert sich die chemische Zusammensetzung des Torfrauchs bei unterschiedlichen Temperaturen. Bei zunehmender Temperatur von 200 bis 850 °C sinkt z.B. der Gehalt an Guajacol bei gleichzeitiger Zunahme von Phenol und Kresolen [8].

Der Gehalt an Phenolen im Whisky

Letztlich entscheidet aber nicht unbedingt der Gehalt an Phenolen über die Ausprägung der Rauchnote im Malt Whisky, sondern wie mit dem Malz im weiteren Verlauf verfahren wird. Meist wird bei einem Whisky die Menge an enthaltenen Phenolen werbewirksam auf dem Label der Flasche oder der Umverpackung in ppm (Anteile pro Million Teilchen) angegeben.
Diese Mengenangabe sagt aber nur etwas über das verwendete Malz aus und nicht über den Phenolgehalt im Whisky in der Flasche.
Abhängig von der Fermentationsdauer, der Form der Brennblase, der Geschwindigkeit beim Destillieren und den Abtrennpunkten des Destillats enthalten die Rohbrände unterschiedliche Mengen an Phenolen bei der Verwendung des gleichen Malzes [9].
Konkrete Aussagen von den Herstellern finden sich hierzu ziemlich selten. So weist der Rohbrand von Ardbeg noch 25 ppm bei der Verwendung von Malz mit 55 ppm auf, bei Laphroaig sind es noch 18 ppm von ursprünglich 40 ppm im Gerstenmalz. Auch durch die anschließende Reifung in den Fässern wird der Phenolgehalt immer weiter gesenkt, je länger der Whisky im Fass lagert [10].
Zur Herstellung der Port Charlotte Single Malts wird ebenfalls Gerstenmalz mit 40 ppm verwendet. Nach der Destillation und der Reifung enthalten die fertigen Whiskys noch 15 bis 20 ppm [11].

Die junge Brennerei Torabhaig hat hierzu interessante Untersuchungen gemacht. Für die erste Abfüllung „Torabhaig The Legacy Series – The Inaugural Release“ wurde Malz mit einem Gehalt von Phenolen von 55 bis 60 ppm verwendet. Nach drei Jahren und fünf Monaten Reifung wurde der Whisky auf 46% verdünnt abgefüllt mit ca. 16 ppm. Für die Abfüllung „Torabhaig Allt Gleann – The Legacy Series“ wurde hingegen Malz mit 77 ppm hergenommen. Der fertige Whisky, ebenfalls mit 46% abgefüllt, enthält noch 17 ppm [12].

Fazit

Letztlich lässt sich festhalten, dass Torfrauch deutlich mehr zu bieten hat, als den von Kritikern angeführten, „stinkend-medizinischen“ Rauch, und dass die sensorische Qualität des Torfrauchs von einigen Faktoren abhängt. Auch die alleinige Angabe eines Phenolgehalts des Malzes in ppm sagt erst einmal relativ wenig darüber aus, in welcher Ausprägung sich die vielen verschiedenen chemischen Stoffe im Malt Whisky wiederfinden.
Welcher Rauchtyp von welcher Brennerei einer Person am meisten zusagt, ist Geschmackssache und auch hier kann es sein, dass sich die Rauchprofile der einzelnen Destillerien im Laufe der Zeit wandeln oder sogar zur gleichen Zeit verschiedene Abfüllungen derselben Brennerei unterschiedlich rauchig riechen und schmecken .

Autor: Boletus

Quellen

[1] https://www.biologie-seite.de/Biologie/Moor
[2] https://www.biologie-seite.de/Biologie/Torf
[3] https://www.biologie-seite.de/Biologie/Torfstich
[4] https://scotchwhisky.com/magazine/featur...rets-uncovered/
[5] https://drmegsie.wordpress.com/tag/fd-factors/
[6] https://iladdie.wordpress.com/2019/05/05...are-not-phenol/
[7] http://www.gerstel.cn/cn/pdf/p-gc-an-2012-02.pdf
[8] https://www.whisky-connaisseur.de/chemie...h-und-toasting/
[9] https://scotchwhisky.com/magazine/ask-th...ky-and-phenols/
[10] https://www.maltwhisky.de/torfiger-whisky-phenole-ppm/
[11] https://highland-herold-files.s3.amazona...ndHerold_47.pdf
[12] https://highland-herold-files.s3.amazona...ndHerold_51.pdf

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