Grundlage für die Abmahnung sind §§ 3, 7, 8 und 13 UWG.
Die Abmahnung dient dazu einem Unternehmer, der gegen die Regeln des UWG verstößt, vor einem Gerichtsverfahren die Chance zu geben sein Verhalten zu bessern.
Wie kann man als Unternehmer gegen das UWG verstoßen? Nun, das regeln §§ 3 und 7 UWG. Einfach erklärt sind das alle "unlauteren Handlungen". Was genau "unlauter" ist, schreibt das Gesetz nicht ausdrücklich vor. Es kann halt eine Menge darunter fallen. Unjuristisch ausgedrückt könnte man sagen: Alles, was für Kunden oder Konkurrenten echt mies unfair ist, ist unlauter. Natürlich ist es nicht unlauter, wenn man ein neuartiges Produkt entwickelt hat und sich damit einen Marktvorteil verschafft (siehe: iPhone). Denn das hätten die Mitbewerber ja auch entwickeln können. Haben sie aber halt nicht.
Wer aber z.B. Werbung macht und darin behauptet, dass nur die eigenen Burger nicht mit Gammelfleisch hergestellt werden, der könnte die Grenzen der Lauterkeit überschritten haben.
Okay, aber was kümmert das den privaten Whisky-Verkäufer, der seine Sammlung auflösen will? Immerhin schadet er ja keinem Kunden mit dem Verkauf. Und Konkurrenten hat er ja auch gar nicht, weil er gar kein Gewerbe betreibt. Auch das UWG schreibt etwa in § 3 UWG, dass "geschäftliche Handlungen" vorliegen müssen. Was das genau ist, erklärt § 2 UWG in etwa mit den Worten "jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden
Unternehmens (...)".
Aber ein Unternehmen betreibt unser Verkäufer ja gar nicht. Denn unser Whisky-Verkäufer verkauft die Flaschen als Privatperson. So liest man regelmäßig, dass z.B. die Gewährleistung ausgeschlossen wird und es finden sich keine Belehrungen über ein Widerrufsrecht. Das ist für Privatpersonen auch alles zulässig. Denn grundsätzlich kann z.B. bei einem Kaufvertrag die Gewährleistung ausgeschlossen werden (vgl. § 444 BGB). Nur bei einem Verkauf eines Unternehmers an einen Verbraucher ginge das nicht (vgl. § 476 Abs. 1 BGB).
Und auch ein Widerrufsrecht gibt es nicht einfach so bei jedem Kaufvertrag. Nur bei Fernabsatzverträgen (etwa einem Verkauf über das Internet) sind diese gesetzlich vorgeschrieben. Und dann gibt es auch diverse Informationspflichten (vgl. § 312d BGB). Fernabsatzverträge sind aber auch wieder Verträge, die zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer geschlossen werden. Ein Verkauf über das Internet zwischen zwei Verbrauchern ist hingegen kein Fernabsatzvertrag und löst somit nicht automatisch ein Widerrufsrecht aus.
Warum also sollte sich unser Whisky-Verkäufer, der als Privatperson und nicht als Unternehmer seine Sammlung verkauft, sich um solche Dinge kümmern, die für ihn ohnehin nicht relevant sind? Er, als Verbraucher, darf ja die Gewährleistung ausschließen und muss sich nicht um etwaige Informationspflichten oder Widerrufsrechte kümmern. Was hat er mit dem UWG-Abmahnanwalt zu tun?
Der Clou ist: Unser Whisky-Verkäufer ist unter Umständen
kein Verbraucher - sondern Unternehmer Wann ist man Unternehmer?
Dies ist in § 14 BGB bestimmt. Unternehmer ist, wer in Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit handelt.
Toll. Und wann handelt man "gewerblich"? Das ist unter den Juristen mitunter sehr streitig. Der BGH hat mal versucht Ruhe da rein zu bringen und hat den Begriff des Gewerbes um schrieben. Er hat festgelegt, dass ein Gewerbe ein
selbstständiges,
planmäßiges,
auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten
entgeltlicher Leistungen am
Markt zu verstehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. 3. 2006 - VIII ZR 173/05). Eine Gewinnerzielungsabsicht ist hingegen nicht erforderlich (vgl. BGH, Urteil vom 27.9.2017 – VIII ZR 271/16, Rn. 40).
Wenn wir dies aufdröseln, dann können wir versuchen festzustellen wie schnell man als Unternehmer gelten kann.
1. Selbständig
Das bedeutet, dass man in wirtschaftlicher Eigenverantwortlichkeit handelt. Man hat also beim Verkauf der Whiskyflaschen keinen Chef, der einem vorschreibt wie teuer die Flasche zu sein hat oder mit welchem Kunden per se keine Verträge geschlossen werden dürfen. Man agiert vollkommen in Eigenverantwortung. Das dürfte auf unseren 0815-Whiskyverkäufer zutreffen. Da gibt es niemandem, der ihm die Preise oder sonst etwas diktiert. Er kann schalten und walten wie es ihm beliebt. Er handelt selbständig.
2. Planmäßig und auf Dauer angelegte Tätigkeit
Dieses Kriterium setzt nur ein Mindestmaß an Organisation voraus. Wer sich also aus seiner Sammlung einige Dutzend Flaschen heraussucht, diese bewertet und sich Verkaufspreise überlegt, Versandkartons und Verpackungsmaterialien bestellt oder vorhält und dann jede Flasche einzeln fotografiert bei eBay oder sonst wo einstellt, der handelt organisiert und damit planmäßig.
Hinsichtlich der Dauer wird es spannend: Denn ein Gewerbe ist auf Dauer ausgerichtet. Das bedeutet nicht, dass es immer fortlaufen muss. Der Pommes-Stand-Besitzer, der ausschließlich auf dem Weihnachtsmarkt seiner Heimatstadt steht, handelt "auf Dauer". Auch wenn sein Geschäft ein Saisongeschäft ist und er nur einmal im Jahr etwas anbietet. Auch eine Regelmäßigkeit ist nicht erforderlich: Der für den Kindergeburtstag zu buchende Clown etwa kann ein Gewerbe betreiben, auch wenn er unregelmäßig gebucht wird (mal 2x im Jahr, mal 5x im Jahr).
Verkauft also unser Whisky-Verkäufer aus seiner Sammlung insgesamt 40 ausgemusterte Flaschen, handelt es sich um 40 Einzelverkäufe. Man könnte hier argumentieren und sagen "Das ist nicht auf Dauer angelegt - denn wenn die Flaschen verkauft sind kommen keine neuen nach. Dann ist Ende." Das ist auch korrekt. Wenn sich unser Verkäufer aber die Mühe des Verkaufes auf mehrere Tage aufteilt (also etwa zuerst 3 Falschen einstellt, dann nochmal 3, dann vielleicht 4, dann Wochenende macht, danach wieder 3 Flaschen und nochmal 3...), dann wird es sehr schwer nachzuweisen, dass es sich dabei um nur eine Sammlung handelt. Schlimmer wird es, wenn unser Whisky-Verkäufer seine Sammlung nicht nur einmal im Leben, sondern vielleicht jährlich oder sogar zweimal jährlich ausmistet. Denn dann kommt er aus dem "auf Dauer" angelegten Geschäftsbetrieb nicht mehr heraus.
Wer neben dem Ausmisten der Sammlung dann ggfs. auch noch (un)regelmäßig Samples verkauft (auch im Rahmen einer Flaschenteilung!) oder Fehlkäufe abstößt hat überhaupt keine Argumentationsgrundlage mehr.
3. Auftreten am Markt
Das klingt weitaus hochtrabender als es gemeint ist. Wichtig ist nur, dass es sich um eine nach außen gerichtete Tätigkeit handelt. Wer seinen Whisky also nur seinem besten Kumpel zum Kauf anbietet, der handelt nicht "am Markt". Wer aber im Netz der breiten Öffentlichkeit zeigt was er gerne verkaufen möchte, der schon! Dabei ist nicht relevant, ob man sich im Wettbewerb zu anderen Verkäufern verhält. Selbst dann also, wenn man eine bereits seit Jahren vergriffene Flasche anbietet, die kein anderer mehr vorrätig hat und somit nicht im Wettbewerb zu einem anderen potentiellen Verkäufer steht, handelt man "am Markt".
Wenn man seine Sammlung aber komplett nur einem Käufer anbietet (Stichwort: Krüger), dann handelt man nicht am Markt. Krüger handelt dann am Markt - aber die Betreiben ja auch eindeutig ein Gewerbe
4. Entgeltlichkeit
Ja, geschenkt. Wer seine Flaschen
verkaufen möchte, erwartet als Gegenleistung Geld. Aber auch ein Tausch wäre entgeltlich, es muss sich nicht zwingend um Geld handeln. Alle Vermögenswerte sind hierfür denkbar.
Wenn unser Whisky-Verkäufer seine Flaschen also nicht verschenkt, dürfte er eindeutig entgeltlich handeln.
Wir sehen: Unser Whisky-Verkäufer kann ziemlich schnell zum Unternehmer werden. Eine feste Grenze hinsichtlich der Anzahl der Verkäufe gibt es übrigens nicht. Man kann also nicht sagen, dass 30 Verkäufe im Monat noch privat sind. Oder 4 in der Woche. Oder 120 im Jahr. Es kommt immer auf das Gesamtbild an. Hier haben Gerichte schon ganz unterschiedlich entschieden. Man dürfte aber festhalten können: Wer in (un)regelmäßigen Abständen immer mal wieder Flaschen/Samples verkauft, insbesondere wenn er sich ab und an Nachschub gekauft hat (und sei es in der Motivation diesen selbst zu trinken), der könnte dem Unternehmerbegriff schon nahe kommen.
Wenn unser Whisky-Verkäufer also Unternehmer ist, dann könnte er die Gewährleistung nicht ausschließen! Und er müsste ein Widerrufsrecht anbieten und darüber informieren. Das hat er aber wahrscheinlich nicht getan. Und genau das ist gem. dem Anhang zu § 3 Absatz 3 UWG, Ziffer 22 eindeutig eine unlautere Handlung. Unlautere Handlungen dürfen von Mitbewerbern dann gem. §§ 8, 13 UWG abgemahnt werden. Mitbewerber ist dabei bereits jeder andere Unternehmer, der auch Whisky und/oder Spirituosen anbietet - und sei es nur eine einzige Flasche Single Malt.
Der gemeine Abmahnanwalt kann dann also wunderbar mit einem Online-Händler zusammenarbeiten. Zweiterer kauft schnell eine Palette Glenfiddich 12y und stellt diese in seinen Online-Shop und der gemeine Abmahnanwalt legt los und verteilt fröhlich seine Abmahnungen im Volk. Abrechnen kann er dann jede Abmahnung einzeln. Dieses Vorgehen wäre zwar missbräuchlich und gem. § 8a UWG ein Ausschlusskriterium. Aber dies nachzuweisen dürfte regelmäßig eher schwer fallen.