Meine Notes: Der eher kleine unabhängige Abfüller Hidden Spirits – 2013 in Ferrara in der oberitalienischen Emilia-Romagna gegründet – hat sich nach eigenen Angaben auf die Auswahl außergewöhnlicher Whiskies und Rums spezialisiert und ist bei uns noch nicht allzu bekannt, auch wenn entsprechende Abfüllungen in ihrer wie ich finde sehr ansprechenden Aufmachung mit schönen Etiketten und einer außergewöhnlichen Flaschenform ihren Weg inzwischen auch in eine Reihe deutsche Shops gefunden haben.
Im vergangenen Jahr gehörte zu diesen auch ein 11-jähriger Aultmore mit Amarone-Finish. Amarone, oder vollständig Amarone della Valpolicella (dabei aber nicht zu verwechseln mit den deutlich leichteren Valpolicella-Tafelweinen), ist als italienischer Rotwein aus Venetien sicher eine naheliegende Fasswahl für einen italienischen Abfüller. Für den trockenen Rotwein wird ähnlich wie bei Süßweinen ein Teil der Trauben noch vor dem Keltern getrocknet, was zu einem vergleichsweise hohen Alkoholgehalt, intensiven Aromen und bisweilen auch der deutlichen, namensgebenden Bitterkeit führt.
Na dann schauen wir mal, wie sich dieser Charakter hier wiederfindet und ob dieses Amarone-Finish überzeugen kann: :-)
>>> Die Notes: In poliertem Kupfer mit einem klaren Rotstich schickt der Hidden Spirit zahlreiche schnelle Beinchen die Glaswand herunter. Süß und intensiv fruchtig, fast schon exotisch, spielen Mango, Ananas aus der Dose, eingelegte Lychee, Sauerkirschen und Brombeeren um die Nase. Zusammen mit Baiser mit ein paar Tropfen Limette, malzigem Rübenkraut, Malaga-Eis, etwas Orangenhaut und Wildleder entsteht eine fein-süße Weinnote – wie verblühte Rosenblätter in einer Zigarrenschachtel, mehr fruchtig-schwer als blumig-leicht.
Darunter kitzeln das frisch gemähte Gras, ein Bündel französischer Kräuter und Ingwer des Aultmore-Brennereicharakters in der Nase, mit etwas Kokos, gelben Paprika, Tee und Bienenwachs bisweilen beinah frischen Mullbinden ähnlich, wie man sie sonst von Springbank gewohnt ist. Diese verschiedenen Eindrücke wechseln sich immer wieder ab und gehen ineinander über, mit mehr Luft setzen sich zunehmend die malzigen Aspekte warmer Karamellsoße und Nougatschokolade aus der Ex-Bourbon-Basis gegen die Fruchtig-Bitteren des Amarone-Finishs durch.
Nur im allerersten Augenblick im Geschmack kräftig marzipanig-süß, dann sofort eher trocken, bitter-brennend scharf und säuerlich übernehmen die Sauerkirschen und damit das Amarone-Erbe vollends das Ruder im Mund. Das kräuterige Rübenkraut ist noch da, ebenso wie Honig, Malaga-Eis, Zuckerrohr und malziges Schwarzbrot, aber immer umrahmt von Zitrusfrüchten von Orange bis Grapefruit, den Brombeeren und ein paar Nadelholzscheiten. Eine stete Gratwanderung zwischen oberflächlich scharfer Bitterkeit und öliger Süße.
Lang steigt der Ausklang dann bis in die Nase, nussige Marzipanmasse, Honig und Kirschsaft treffen auf Olivenöl. Ein kerniger Anklang an das Weinfassholz, Kräuterwürze, grüne Bananen, Trauben und ihre zerbissenen Kerne lassen einen fast pelzigen Eindruck zurück.
Ja, da geht was ab im Glas, für die 11 Reifejahre und ein Finish unbekannter Länge schön intensive und abwechslungsreiche Eindrücke in der Nase! Der einzige leichte Abzug in meiner persönlichen B-Note ergibt sich aus der Tatsache, dass der ein oder andere Aromaeindruck besonders im Geschmack und in der Kehle eher etwas aufgesetzt erscheint als vollkommen miteinander integriert zu sein. Für einen 11-Jährigen zwar ambitioniert aber noch nicht unfair bepreist ist er aber dennoch eine Probierempfehlung für Amarone- und Aultmore-Fans wert!
--- "If you're lucky enough to enjoy a nice dram you're lucky enough"