Nase: Der erste Eindruck ist erstaunlich frisch, Orange, etwas Limette, ein Hauch Minze, dann wird es langsam dunkler und herber, würzig, etwas Salbei (finde ich nur sehr selten in einem Whisky), Pflaume, Nüsse, Mandel, Marzipan, die ganze Zeit liegt im Hintergrund eine exotische, muffige Note, die ich nicht zuordnen kann, es geht ein bisschen in die Richtung Salzlakritz, dazu kommt eine hauchzarte Rauchnote und Vanille, Weihrauch, dann kommen plötzlich wieder die frischen Aromen durch, ein schönes Wechselspiel
Gaumen: Sanfter Antritt, weicher Körper, exotische Früchte, Maracuja, Orange, rote Paprika, ganz klar Rauch, leicht säuerlich, zarte Anklänge von Zitronengras, etwas Holz, jedoch ohne Bitterkeit, helles süffiges Bier. Im zweiten Schluck treten die Früchte etwas zurück, Malz steht im Vordergrund, Karamellpudding, leicht angebrannter Zucker, Cointreau, Vollmilchschokolade
Abgang: Zum ersten Mal zeigt sich hauchzarte Bitterkeit, wieder helles Bier, die Erinnerung an Orangen und Zitronen, süßer Brotteig, Zuckerrübensirup, lang haftet der Whisky am Gaumen, die exotischen Früchte hallen entfernt nach
Bewertung: Der Geruch überrascht und ist ganz anders als ich erwarte habe, Sherry und Holz sind zurückhaltend, dafür sind die frischen Zitrusnoten viel stärker ausgeprägt als ich das nach 38 Jahren im Fass erwartet hätte. Die Abwesenheit jeglicher Alkoholnote und die vielschichtige Wechselspiel machen den Whisky sehr spannend, mit jedem Atemzug ist er anders. Im Mund setzt sich die Vielschichtigkeit fort. Ich wünsche mir ein paar mehr Prozente, doch auch so werden die Aromen wunderbar getragen. Das Alter zeigt sich nicht in der Eiche, sondern durch einen dichten Teppich vieler Aromen, die harmonisch verbunden sind ohne zu einem unkenntlichen Brei zu vermengen. Der Abgang passt perfekt zum Eindruck im Mund und schließt diesen fast logisch ab. Erfreulich lang bleibt er am Gaumen.
Er sehr außergewöhnlicher Whisky, so ganz anders als heutige Abfüllungen. Wenn er auch ganz anders ist, als ich es erwartet hatte - ich hatte schwere, holzige, bittere Aromen erwartet - hat er mich vollkommen in seinen Bann geschlagen. Blind hätte ich niemals auf 38 Jahre Alter geschätzt. Ich bin davon überzeugt, dass der Whisky auch über die langen Jahre in der Flasche gearbeitet und sich verändert hat. Eine Zeitreise in die Vergangenheit, gebrannt vor der zweitem Weltkrieg, abgefüllt zur Hochzeit des kalten Krieges, ein einmaliges Erlebnis, das geschmacklich überzeugt und zeigt wie früher Whisky gemacht wurde. Über die Fässer scheint nichts bekannt zu sein, doch die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass es sich im Sherryfässer handelt. Ich würde jedoch vermuten, dass diese vorher bereits mehrfach verwendet wurden.
Ich habe versucht, die Geschichte des Whiskys bei der Bewertung auszublenden, ob mir das gelungen ist, weiß ich nicht. 93 Punkte