Alles beginnt mit der sehr schönen dunkel-rostbraunen bzw. kastanienbraunen Farbe; der Malt zieht wunderbare Schlieren, im Premium Snifter ebenso wie im großen Bordeaux-Glas von Riedel (li.). Nach nicht ganz einer halben Stunde kann die Verkostung beginnen ...
Geruch: Der Duft von Kirschen und süßem Sherry steigt sofort und inmittelbar nach dem Einschenken aus dem Glas. Das bleibt auch der Ersteindruck, nachdem der Malt etwa eine halbe Stunde im Nosingglas atmen konnte. Nun gesellen sich Backpflaumen dazu, eine angenehm leichte Mentholnote unterlegt die Eiche; von Ferne meldet sich noch zarter Vanilleduft. Vanillekipferl trifft Kirschpralinen.
Aus dem Bordeauxglas: Und wieder einmal ist der Sherry noch voluminöser im Erstauftritt ebenso wie der Zwetschkenröster. Interessanterweise kommen dann aber auch helle Trauben und etwas Vanille -- vielleicht grüßt hier ein Bourbonfass. Eiche und ein kleines Mentholbriserl zum Schluss der ersten Nosingsession. Eine großartige Kombination! Eine 95-Punkte-60-Minuten-minimum-Genuss-Entdecker-Nase.
Geschmack: Kommt enorm ölig, fast likörhaft in den Mundraum. Dort ist der Sherry etwas trockener, die Kirsche ist weniger süß und wird um reife Hauszwetschken ergänzt. Mit der Zeit meldet sich dann die Eiche als Gewürz, Vanille bleibt im Hintergrund.
Aus dem Rotweinglas: Die Öligkeit ist noch runder als im Premium Snifter, die Trauben-Vanille-Süße wird vom Zwetschkenröster ergänzt, die Eiche kommt zum Schluss und tritt nur hauchzart auf.
Abgang: Auch der Abgang betont den Sherry-Dunkelfrucht-Charakter. Feinste Eiche und eine angenehme, würzige Wärme kleiden den Mundraum aus und wärmen den Rachen. Daran ist auch das Alter zu erkennen.
Im Abgang aus dem Bordeauxglas ist nun ebenfalls der Sherry-Dunkelfrucht-Charakter dominierend; im Nachklang tauchen aber nochmal die Vanilletrauben auf, all das grundiert wieder von feinster Eiche. Ach. wie. schön.
Fazit: Dieser Malt ist zweifellos etwas für die Freunde von PX- und "süßen" Oloroso-Fässern, Backpflaumen, Vanille und eleganter Eiche, die in likörhafter Konsistenz serviert werden. Ein totaler Verführer. Man muss dem Malt Zeit geben, damit er hinter aller (gefinishter) Süße auch seine hintergründigen Aromen (Birne, Vanille) preisgibt.
Beim allerersten Verriechen hat mich dieser wunderbar alte Faserschmeichler noch etwas an den Three Wood von Auchentoshan erinnert. Diese ganz spezifische Süße in der Nase und die cremige Textur werden beim Glassaugh allerdings durch enorme Dichte und einen sehr warmen, langen Abgang ergänzt. Die Süße des Glenglassaugh hat auch eine whiskyaromen-typische Dunkelfruchtcharakteristik und nicht diese ins leicht Künstliche gehende Kirschsaft- und Gummibärensüße etwa eines Casg Annamh von Aberlour.
Der Glenglassaugh hat mehr Jahre, mehr Gewicht und Eleganz. Dieser Malt ist eindeutig etwas für die gediegen-süßen Momente des Lebens ...
Aus dem Riedel Vinum Bordeaux wird nicht nur der Sherry tiefer, es kommen die helleren Trauben- und Vanillearomen zusätzlich zur Geltung. Die Nasen sind aus beiden Gläsern absolute Höchstgenussklasse (bei mir sind das 94 bzw. 95 Punkte); Geschmack und Abgang stehen dem kaum nach. Aus dem Premium Snifter ergibt das 93 Gesamtpunkte für den Glenglassaugh 28y und aus dem großen Rotweinglas reiht sich der Malt für mich unter die 94-Punkter. |addpics|etv-a3-af10.jpg-invaddpicsinvv|/addpics|